Corporate Social Responsibility (CSR) und die damit verbundene Rechenschaftspflicht gewinnen für Unternehmen mit Sitz in der EU zunehmend an Bedeutung. Mit der Novellierung der entsprechenden Richtlinie hat die EU die inhaltlichen Anforderungen an die Berichterstattung und den Kreis der betroffenen Unternehmen erweitert. Wer wann künftig welche Daten erheben muss und weitere wichtige Informationen erhalten Sie in dieser Übersicht.
CSR-EU-Richtlinie – Nachhaltigkeitsberichterstattung ist Pflicht
Seit 2017 sind große europäische Unternehmen (mit mehr als 500 Mitarbeitern und einem Nettoumsatz von mehr als 40 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro) verpflichtet, eine Erklärung zu Strategien, Risiken und Kennzahlen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung zu erstellen. Gesetzliche Grundlage war bisher die europäische CSR-Richtlinie Non-financial Reporting Directive (NFRD).
Die neue Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ersetzt die NFRD. Vor dem Hintergrund des Green Deals der EU soll die CSRD die Nachhaltigkeitsberichterstattung europäischer Unternehmen transparent und vergleichbar machen und damit zu einer Verbesserung der Nachhaltigkeitsleistung führen. Die CSRD erweitert den Kreis der rechenschaftspflichtigen Unternehmen im Wesentlichen auf alle bilanzrechtlich großen Unternehmen sowie alle kapitalmarktorientierten Kleinstunternehmen.
Außerdem sieht die CSR-Richtlinie vor, dass alle rechenschaftspflichtigen Unternehmen nach festgelegten European Sustainability Reporting Standards (ESRS) berichten müssen, die von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelt worden sind. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird der klassischen Finanzberichterstattung gleichgestellt und muss verpflichtend im selben Lagebericht erfolgen.
CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz
Europäische Richtlinien werden über nationale Gesetzgebungen in den Mitgliedsstaaten umgesetzt. In Deutschland ist das für die NFRD seit 2017 das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG). Die neugefasste Richtlinie ist seit Anfang 2023 in Kraft und muss bis Mitte 2024 von den EU-Mitgliedstaaten in nationales Recht übertragen werden. Das CSR-RUG wird demzufolge von der deutschen Legislative vollständig aktualisiert.
Nachhaltigkeitsberichterstattung nach EU-Richtlinie: Was gilt für wen ab wann?
Die CS-Richtlinie verpflichtet alle Großunternehmen sowie börsennotierte Kleinstunternehmen ab zehn Mitarbeitenden zur Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsdaten im Lagebericht. Als groß gelten Unternehmen gemäß der EU-Rechnungslegungsrichtlinie, wenn sie zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen:
- Bilanzsumme ≥ 25 Mio. Euro
- Nettoumsatzerlöse ≥ 50 Mio. Euro
- Zahl der Beschäftigten ≥ 250
Nicht alle betroffenen Unternehmen müssen gleich im Jahr 2024 loslegen. Die stufenweise Einführung der Rechenschaftspflicht sieht folgende Schritte vor:
- 2024: Unternehmen, die bereits unter die NFRD fallen, müssen erstmals im Jahr 2025 über das Geschäftsjahr 2024 gemäß der CSRD berichten. Dann gelten die neuen ESR-Standards und außerdem müssen diese Unternehmen – wie später auch alle anderen – erstmals ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung extern mit begrenzter Sicherheit (limited assurance) prüfen lassen.
- 2025: Alle großen Unternehmen, die mindestens zwei der obigen drei Kriterien erfüllen, müssen ihren ersten Nachhaltigkeitsbericht im Jahr 2026 für das Jahr 2025 veröffentlichen.
- 2026: Ab diesem Jahr müssen alle börsennotierten kleinen und mittleren Unternehmen ab zehn Mitarbeitenden Bericht erstatten. Ausgenommen sind besonders definierte Kleinstunternehmen (Bilanzsumme ≤ 450.000 Euro, Nettoumsatzerlöse ≤ 900.000 Euro, Mitarbeitende ≤ 10).
- 2028: Ausgewählte Unternehmen aus Drittstaaten müssen ab 2028 berichten (Nettoumsatz in der EU ≥ 150 Mio. Euro; EU-Niederlassung mit einem Nettoumsatz ≥ 40 Mio. Euro; Unternehmen mit einer EU-Tochtergesellschaft, die zwei der folgenden drei Kriterien erfüllt: Beschäftigte in der EU ≥ 250, Nettoumsatz in der EU ≥ 40 Mio. Euro, Bilanzsumme in der EU ≥ 20 Mio. Euro).
Bis 2023/24 sind in Deutschland rund 500 Unternehmen von der NFRD respektive der CSRD betroffen. Wenn die CSRD voll in Kraft ist, dürften es rund 15.000 sein und EU-weit knapp 50.000.
Die Standards der CS-Richtlinie
Die ESRS umfassen Standards in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung.
- Im Rahmen der Umwelt-ESRS müssen Unternehmen beispielsweise ihre Managementansätze in Bezug auf Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel, Umweltverschmutzung, Wasserressourcen oder Biodiversität darlegen.
- Die sozialen Standards umfassen Arbeitsbedingungen, Gleichberechtigung und die Achtung der Menschenrechte sowohl für die eigenen Mitarbeitenden als auch für die Beschäftigten in der Wertschöpfungskette. Auch Verbraucherschutz und -sicherheit fallen in diesen Bereich.
- ESRS im Bereich Governance beziehen sich zum Beispiel auf Geschäftsbeziehungen mit Lieferanten, Korruption oder Lobbying.
Für ESRS-konformes Reporting stehen branchenspezifische Berichtsvorlagen zur Verfügung, die auf die Besonderheiten der jeweiligen Geschäftstätigkeit zugeschnitten sind. So gibt es beispielsweise für den Straßengüterverkehr eine eigene Vorlage, die auf die Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit auf die sozialen Belange aller Beschäftigten entlang der Wertschöpfungskette abzielt. Dies betrifft unter anderem alle Lkw-Fahrer in der Lieferkette.
Der Umfang der Berichterstattung nach der CSRD wird damit gegenüber der NFRD deutlich erweitert. Da die CSRD zudem Vorrang vor dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hat, wird dieses indirekt erweitert – unabhängig von der Diskussion um das EU-Lieferkettengesetz.
Um den Aufwand bei der CSRD-Berichterstattung für kleinere Unternehmen zu reduzieren, entwickelt die EFRAG für diese ein System mit weniger komplexen Vorlagen. Trotzdem ist besonders für kleine und mittlere Unternehmen, die ihr Berichtswesen noch aufbauen müssen, die CSRD mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden. Es empfiehlt sich, die jetzt noch zur Verfügung stehende Vorlaufzeit bis zum ersten Berichtszeitraum zu nutzen, um betriebliche Strukturen und Ressourcen aufzubauen und zu erproben.
CSRD-Knackpunkt Wesentlichkeit
Nach der CSR-Richtlinie muss ein Unternehmen diejenigen nachhaltigkeitsbezogenen Informationen offenlegen, die entweder aus finanzieller oder aus ökologischer und sozialer Sicht wesentlich sind (in der Behördensprache: doppelte Wesentlichkeit). Eine Information ist somit auch dann berichterstattungspflichtig, wenn es nur aus einer der beiden Perspektiven als wesentlich eingestuft wird. (Nach der NFRD mussten beide Wesentlichkeitsaspekte erfüllt sein.)
Die Kriterien zur Identifikation wesentlicher Nachhaltigkeitsinformationen sind zwar in den Berichtsstandards definiert: Nachhaltigkeitsthemen sind demnach wesentlich, wenn sie entweder Risiken und Chancen für den Geschäftserfolg darstellen (Outside-In-Perspektive) oder wenn sie aufgrund der Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf Umwelt und Menschen bedeutsam sind (In-Side-Out-Perspektive).
Im konkreten Einzelfall ist die Wesentlichkeitsanalyse jedoch eine individuelle Aufgabe des Unternehmens, deren Resultat die Anwendung der ESRS und damit auch die Berichtsinhalte bestimmt. Und es ist nicht vollständig klar, wie streng die unternehmensinternen Kriterien bei der doppelten Wesentlichkeitsanalyse sein müssen, um einzelne Berichtsthemen ausschließen zu können. Anlaufschwierigkeiten sind also vorprogrammiert.
Herausforderungen und Chancen für die Transportlogistik
Im Straßengüterverkehr ist die Messung der Schadstoffemissionen ein wesentlicher Bestandteil des CSRD-Reportings. Intelligente Softwaresysteme, die alle erforderlichen Daten automatisch generieren, sind hier hilfreich. Wer frühzeitig auf nachhaltige Transportlösungen setzt, hat Vorteile.
Durch die Einbeziehung der gesamten Wertschöpfungskette steigt der Transparenzdruck auf alle Beteiligten auch bei den sozialen Aspekten – etwa hinsichtlich der Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrer und -fahrerinnen. Transportdienstleister, die wie DHL Freight auf bestmögliche Arbeitsbedingungen für das eigene Personal setzen, können sich zunehmend darauf verlassen, dass Arbeits- und Sozialstandards auch bei anderen Unternehmen, Partnern und Carriern eingehalten werden.
Mit Lösungen wie dem DHL GoGreen Dashboard helfen wir unseren Partnern, ihre Emissionen automatisiert zu erfassen.
CSRD als Chance für die eigene Nachhaltigkeit
Mit der CSRD kommen auf alle Akteure der Logistikbranche große Aufgaben zu. Daran besteht kein Zweifel. Die steigende Bürokratie und immer neue regulatorische und unvorhersehbare Rahmenbedingungen können das wirtschaftliche Wachstum mitunter hemmen und müssen in der Hinsicht kritisch betrachtet und hinterfragt werden. Eine Ursache für eine gewisse Zurückhaltung bei Investitionen ist hier unter anderem in der Politik zu finden.
Was die neue EU-Richtlinie aber auch deutlich macht: Nachhaltiges Wirtschaften wird immer weniger Selbstzweck und immer mehr Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen. Die Logistik muss kontinuierlich nachhaltiger werden, um ihre eigenen Geschäftsgrundlagen zu erhalten. Und das nicht nur in ökologischer, sondern auch in sozialer Hinsicht, etwa um engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem umkämpften Arbeitsmarkt anzusprechen.
So lässt sich die CSRD auch als Chance begreifen, sich den zukünftigen Herausforderungen der Logistik rechtzeitig zu stellen. Frühzeitiges Handeln und gründliche Vorbereitung auf die neuen Anforderungen sind jetzt gefragt, damit der erste CSRD-Bericht mehr Chancen bietet als eine Last darstellt. Und auch wenn Ihr Unternehmen nicht direkt betroffen ist, lohnt sich die Auseinandersetzung mit der CSRD, um beispielsweise möglichen Anfragen von Stakeholdern vorzugreifen.