Es surrt vor der Haustür und eine Drohne bringt pünktlich das zu spät bestellte Geburtstagsgeschenk – so stellen sich wohl viele Menschen Drohnen in der Logistik vor. Die Gegenwart sieht anders aus, aber schon heute leisten Drohnen wertvolle Dienste für Logistikunternehmen. Wir präsentieren den Status quo der logistikspezifischen Drohnentechnologie und werfen einen Blick in die Zukunft.
Das Wichtigste in Kürze
In der Transport- und Lagerlogistik wird der Einsatz von Drohnen für verschiedene Zwecke erforscht, erprobt oder je nach Anwendungsfall bereits umgesetzt. In diesen drei Bereichen können Drohnen für die Logistik von Nutzen sein:
- Zustellung auf der letzten Meile und Kurz- bis Mittelstreckentransport: die offensichtlichste Option – allerdings ist der öffentliche Luftraum meist streng reguliert.
- Bestandsmanagement und Kommissionierung: Beides ist im Lagerhaus zeit- und personalaufwendig. Im Verbund mit Scantechnologie sind Drohnen viel schneller.
- Überwachung und Inspektion: Logistikzentren und ihre Außenflächen sind oft groß und unübersichtlich. Überwachungsdrohnen behalten alles im Blick.
Bedeutung von Drohnen für die Logistik
Von Drohnen versprechen sich Logistikunternehmen derzeit vor allem in der Lager- und Intralogistik Personal-, Kosten- und Zeiteinsparungen – und damit Qualitäts- und Effizienzsteigerungen. Dies ist vor dem Hintergrund entscheidend, dass der globale Transportbedarf langfristig steigen wird, während gleichzeitig vor allem in den Industrieländern bereits heute Personalengpässe bestehen, die sich zu verschärfen drohen.
Drohnen in der Zusammenfassung
Bereits heute sparen Drohnen Zeit und Personal im Lager und auf dem eigenen Firmengelände. Hier sind Drohnen als pragmatische Helfer im Einsatz: Im Lager überprüfen sie zum Beispiel Bestände, an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne Hilfsmittel nicht herankommen, in der chemischen Industrie fliegen sie Proben ins Labor oder im Fahrzeugbau Ersatzteile an die Produktionslinie.
Chancen und Herausforderungen einer Drohnen-Logistik
Die kurze Skizzierung der konkreten aktuellen Einsatzfelder von Drohnen in der Logistik macht es schon deutlich: Zwischen der Lager- und Intralogistik einerseits und der Transportlogistik andererseits klafft eine große Lücke, wenn es um den aktuellen Einsatz von Drohnen geht – aber auch die Zukunftspotenziale differieren erheblich.
Dabei ist die Transportlogistik eigentlich genau der Bereich, den die meisten unmittelbar vor Augen haben dürften, wenn sie die Begriffe „Drohnen“ und „Logistik“ zusammendenken: fliegende Paketcopter, die für Logistikdienstleister oder Onlinehändler mit Direktvertrieb durch die Luft schweben, um auf der letzten Meile Endkundinnen und -kunden ihre Lieferung flexibel und individuell zuzustellen. Die Realität sieht anders aus.
Das bedeutet allerdings nicht, dass Drohnen in der Logistik keine große Rolle spielen können – sie tun es allerdings auf weniger offensichtliche Weise.
Drohnen in der Bestandsverwaltung und Inventur
Hochregale sind effizient und platzsparend – und deshalb der Standard in Logistikzentren. Sendungen gelangen ins Lager, werden dort bewegt und verlassen es wieder – und das Personal muss ständig Bestand und Leerstände in den Regalen überprüfen. Das Automatisierungspotenzial in diesem Bereich ist enorm und Drohnen gelten als praktikable Lösung für diese arbeits-, zeit- und damit kostenintensive Aufgabe.
Anstelle des Personals, das die Codes scannt und die Lagerorte verfolgt, können Drohnen diese Aufgaben schnell erledigen, ohne dass große Lagerfahrzeuge wie Hubarbeitsbühnen für die Inspektion der oberen Regale benötigt werden. Mit Kameras und Scantechnik ausgestattete Drohnen erfassen gleichzeitig Barcodes und senden sie an ein Lagerverwaltungssystem, das den Soll-Ist-Abgleich der Bestände vornimmt und Einlagerungsfehler erkennt. Ganze Drohnenflotten können autonom im Lager arbeiten und nur wenige Mitarbeitende sind erforderlich, um aus den gesammelten Daten die notwendigen Aktionen abzuleiten.
Und bei der Inventur von größeren Lagern sind keine Überstunden oder Hilfskräfte mehr nötig, weil Bestände regelmäßig überprüft werden oder im Bedarfsfall die Drohnen ein paar Extrarunden drehen.
Drohnen bei der Vermessung und Inspektion großer Anlagen
Logistikunternehmen müssen Immobilien, technische Anlagen oder Transportobjekte genau erfassen. In der Regel setzen sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein, um Schäden an Objekten zu erkennen oder deren Dimensionen zu vermessen. Gerade bei ungewöhnlich geformten oder überdimensionierten Ausrüstungen oder Hallendächern kann dies viel Zeit in Anspruch nehmen, denn eine übersehene Schadstelle oder eine Fehlmessung kann teure Folgen haben.
Zudem sind manche Inspektionsaufgaben, beispielsweise auf Dächern, mit Sicherheitsrisiken verbunden. Mit Kameras und Sensortechnik ausgestattete Drohnen können Vermessungen und Inspektionen gefahrlos durchführen. Solche Drohnen, die große Anlagen und Lieferungen auf einem Betriebsgelände mit einer Genauigkeit von wenigen Zentimetern vermessen können, sind bereits serienreif.
Sicherheit und Überwachung
In Logistikanlagen werden oft wertvolle Güter gelagert. Wenn sich Außenlager über große Flächen erstrecken, ist entsprechend viel Sicherheitspersonal erforderlich, um Einbrüche oder Beschädigungen zu bemerken. Überwachungsdrohnen unterstützen Logistikunternehmen dabei, die Sicherheit und Unversehrtheit ihres Eigentums zu gewährleisten.
Mit dem heutigen Stand der Technik ist es zum Beispiel möglich, regelmäßige Patrouillen von Anlagenbereichen in verschiedenen Höhen mit unterschiedlichen Schwebezeiten und Kamerarichtungen zu geeigneten Zeiten und an verschiedenen Tagen zu programmieren. Werden betriebsfremde Personen erkannt, alarmiert die Drohne das Sicherheitspersonal. Bei einem Alarm durch fest installierte Sensortechnik, beispielsweise in einer Lagerhalle, schickt ein integriertes Sicherheitssystem automatisch eine Drohne zum Ort des Geschehens und startet einen Live-Videostream.
Überwachungsdrohnen können über verschiedene optische Technologien, einschließlich Nachtsicht- oder Wärmebildkameras, oder künstliche Intelligenz (KI) verfügen. Dadurch stellen sie für das Sicherheitspersonal eine echte Hilfe dar. So hat DHL in Südamerika mit einer eigenen Lösung die Patrouillenzeit der menschlichen Einsatzkräfte von mehreren Stunden auf nur 20 Minuten reduziert.
Lieferdrohnen auf Kurz- und Mittelstrecken und auf der letzten Meile
Last but not least: Die Drohne als fliegender Delivery Bot. Bisher werden Drohnen vor allem für die Auslieferung von Spezial- und Kleinsendungen wie Medikamente oder Blutspenden eingesetzt. Beispielsweise hat DHL in Bonn die Zustellung von Medikamenten an ein Krankenhaus über den Rhein getestet.
Die fortschreitende technologische Entwicklung im Bereich Sensortechnik und KI-gestützter Computer Vision erweitert das technische Einsatzpotenzial von Drohnen in der Lieferlogistik. Parallel dazu arbeiten Hersteller an Schwerlastdrohnen für Lieferungen, deren Gewicht weit über Medikamente, Ersatzteile oder Laborproben hinausgeht: von Lasten im unteren dreistelligen Kilogrammbereich bis hin zu ganzen Tonnen.
Schwerlastdrohnen können bei mittleren Entfernungen helfen, benötigen aber natürlich eine entsprechende Start-/Landeinfrastruktur. Für die City-Logistik sind solche Drohnen keine Option. Doch gerade hier ist der Druck auf die Lieferkette durch Onlinebestellungen, Verkehrsstaus, Personalmangel und Umweltauflagen besonders hoch. Einem flächendeckenden Einsatz stehen vor allem zwei Hindernisse entgegen: Fehlende Genehmigungen für den Einsatz im öffentlichen (Luft-)Raum und fehlende Landemöglichkeiten in der dichten innerstädtischen Bebauung.
Drohnen und Logistik: die Vorteile
Die Vorteile von Logistikdrohnen liegen vor allem im Bereich der Kostenreduktion durch Einsparung von Personal- und Zeitressourcen. Durch die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten in der Lager- und Intralogistik ergibt sich ein erhebliches Potenzial zur Steigerung der Prozessqualität und -effizienz.
Und Effizienzsteigerung bedeutet Ressourcenschonung: Das macht Drohnen zu einem wirkungsvollen Nachhaltigkeitsinstrument in der Logistik. Ihr elektrischer Antrieb auch über weite Strecken leistet dazu einen weiteren Beitrag, wenn der benötigte Strom bevorzugt oder ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen stammt.
Nachteile von Drohnen in der Logistik
Für die Lager- und Intralogistik sind keine Nachteile durch Drohnen auszumachen. Sie gefährden auch keine Arbeitsplätze, da offene Stellen zumindest in den Industrieländern schwer zu besetzen sind. Die Nachteile der Drohnentechnologie beziehen sich auf die Zustellung und den Transport und liegen in Zulassungs-, Sicherheits- und Platzfragen.
So wie das autonome Fahren auf der Straße noch nicht den Durchbruch geschafft hat, lässt dies auch bei Drohnen in der Luft auf sich warten. Auch wenn Drohnen sowohl autonom als auch ferngesteuert fliegen können und immer sicherer werden, sind die Sicherheitsauflagen für eine Zulassung im öffentlichen Luftraum sehr hoch. Hinzu kommen Flugverbote in der Nähe von Flughäfen oder geschützten Einrichtungen wie militärischen Anlagen und Ähnlichem. Außerdem ist es in Städten eng und es fehlt schlicht an Landeplätzen. Theoretisch kann eine Drohne auf der Terrasse eines Einfamilienhauses landen. Beim Empfänger in einem Mehrfamilienhaus sieht das schon anders aus. Und wie gestaltet sich die persönliche Übergabe?
Aufgrund dieser Fragen liegt ein möglicher Regelbetrieb von Zustelldrohnen noch in weiter Ferne und wäre derzeit auch nicht wirtschaftlich. In verdichteten Räumen dürften Zustelldrohnen im Bereich der Paketauslieferung auch in Zukunft die Ausnahme und die Zustellung durch Menschen die Regel bleiben. In ländlichen Gebieten sind Drohnen eher zu erwarten.
Wann sind Drohnen im logistischen Alltag angekommen?
Im Bereich der Intralogistik und des Lagermanagements sind Drohnen bereits seit den 10er Jahren dieses Jahrtausends von der Testphase in den Regelbetrieb übergegangen und ergänzen Regal- oder Kommissionierroboter in unterschiedlichen Lagerarten und intralogistischen Anwendungsfeldern.
Weltweit genehmigen immer mehr Aufsichtsbehörden begrenzte kommerzielle Drohneneinsätze im Bereich Transport und Zustellung – allerdings hauptsächlich auf Mittelstrecken und weniger in Ballungsräumen. Dennoch erwarten wir bei DHL Freight und DHL Group, dass der Einsatz von Drohnen in der Distribution in den nächsten zehn Jahren zunehmen wird, da die Lieferketten auf dem Landweg zunehmend unter Druck geraten.
Die zuständigen Behörden und gesetzgebenden Instanzen könnten in Zukunft in einem sich verändernden makroökonomischen Umfeld das Verhältnis von Nutzen und Risiken der Drohnentechnologie in einer modernen Logistikinfrastruktur anders bewerten.