Zoll / Lesezeit: ~ 4 Min.

Herausforderungen der Globalisierung: Zoll als Zeit- und Kostenfaktor

In einer globalisierten Wirtschaft überschreiten Warenströme nicht nur Landesgrenzen, sondern ebenso Zollgrenzen. Für die Marktteilnehmer, vom Produzenten bis zum Dienstleister, stellt der Zoll mit seinen national unterschiedlichen und volatilen Bestimmungen eine große Herausforderung dar. Wie diese gemeistert werden kann, beleuchtet der zweite Beitrag unserer Artikelserie zur Globalisierung, für den wir mit Thomas Weins, CEO des Zolldienstleisters Gerlach Customs Deutschland, gesprochen haben.

Zollbestimmungen und ihre Auswirkungen auf die globalisierte Wirtschaft

Es ist eigentlich ganz einfach: Zoll ist eine Abgabe, die auf Waren, Kapital oder Dienstleistungen beim Überschreiten einer Zollgrenze erhoben wird. Seine Höhe wird von dem Staat oder Staatenbund festgelegt, in den die Ware eingeführt wird. Der Zoll dient der Regulierung des grenzüberschreitenden Handels, der Förderung eines fairen Wettbewerbs und der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität. Das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT) und die Richtlinien der Welthandelsorganisation (WTO) geben den Rahmen für nationale Zollregelungen vor.

Dass es tatsächlich nicht immer ganz so simpel ist, liegt vor allem daran, dass die nationalen Bestimmungen sehr unterschiedlich sind und sich ständig ändern. Im Jahr 2025 treten beispielsweise neue Regeln im Rahmen des regionalen Übereinkommens über die Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln (PEM-Übereinkommen) in Kraft. Dieses Abkommen betrifft die EU und zahlreiche Handelspartner.

Das im Dezember 2024 ausgehandelte EU-Mercosur-Abkommen zwischen der Europäischen Union und dem Mercado Común del Sur (Brasilien, Argentinien, Paraguay, Uruguay) geht in die rechtliche Prüfung und 2028 wird die EU-Zollreform in Kraft treten, die die Einführung eines zentralen EU Data Hubs und einer EU-Zollbehörde vorsieht.

Tendenz zur Zentralisierung in Europa

Die EU-Zollreform ist laut Thomas Weins, VP Customs & CEO Gerlach Germany, eine Reaktion auf den Boom von E-Commerce-Sendungen, der allein schon aufgrund der schieren Masse der Sendungen, die es zu überprüfen gilt, die europäischen Zollbehörden vor große Aufgaben stellt. Aber nicht nur solche zollrechtlichen Aspekte bewegen die Politik, sondern auch Fragen der Produktsicherheit. „Man erhofft sich, dass die steigenden (Daten-)Mengen besser kontrolliert werden können und man länderübergreifend mehr Transparenz über die eingeführten Waren in der EU bekommt.“

Einen ersten Schritt hin zu dieser Zentralisierung, so Weins, haben die Mitgliedstaaten durch die Einführung des Versandverfahrens NCTS-Phase 5 vollzogen. „Die Tendenz weg von lokalen Zollsystemen in jedem Land hin zu einem einheitlichen System, das den Datenaustausch verbessert, ist klar zu erkennen.“

Globale Entwicklung der Zölle ist unsicher

Auf europäischer Ebene geht es also um Vereinheitlichung. Dies könnte durch die weltweite Entwicklung der Zollbestimmungen nach dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten konterkariert werden. So steht der Zoll derzeit vor einer Vielzahl von Unwägbarkeiten und Herausforderungen. Die neue Trump-Administration und ihre Politik, die nicht nur zusätzliche Zölle einführt, sondern auch Änderungen bis ins kleinste Detail vornimmt, schafft Zollfreigrenzen ab. Neben der Verunsicherung sieht Thomas Weins darin steigende Anforderungen im globalen Handel für die Marktteilnehmer. Denn für Millionen von Sendungen müssen nun erstmals oder mehr Zölle bezahlt und in Rechnung gestellt werden. Dies führt auch bei Gerlach Customs zu einem erheblichen Mehraufwand.

„Zoll ist und bleibt für den globalen Handel eine komplexe Herausforderung, welche zukünftig noch um neue Themenfelder erweitert wird. Firmen sollten sich frühzeitig auf bevorstehende Änderungen vorbereiten. Hierzu benötigt es mehr und mehr Expert:innen, die sich im globalen Handel auskennen.“

Thomas Weins, VP Customs & CEO Gerlach Germany

Die größten Zoll-Herausforderungen für Unternehmen

Der Prozess der Zollabfertigung ist an sich schon komplex genug. Wenn eine Warensendung im globalen Warenverkehr mehrere Zollgrenzen überschreitet, können nicht nur wiederholte Vorgänge erforderlich, sondern auch sehr unterschiedliche Anforderungen zu beachten sein. Alle Unternehmen, die Produkte außerhalb der Europäischen Union handeln, sind von den Anforderungen des globalen Handels betroffen. Für diese Unternehmen sind daher folgende Aspekte im Umgang mit Zollfragen entscheidend:

  • Compliance: Gesetze und Vorschriften für den globalen Handel und Zoll sind komplex und unterscheiden sich von Land zu Land. Die Kenntnis und Einhaltung unterschiedlicher Rechtslagen je nach involvierten Ländern und Vertragspartnern ist unerlässlich, um Bußgelder oder Zeitverluste zu vermeiden. Auch im Bereich der Einfuhr- und Umsatzsteuern kommen oft unterschiedliche steuerrechtliche Bestimmungen und Steuersätze zum Tragen.
  • Volatilität von Handelsabkommen und nationalen Vorschriften: Veränderungen von Handelsabkommen oder Anpassungen von Handelsbestimmungen auf nationaler Ebene können plötzlich auftreten und Zolltarife sowie Import- und Exportbedingungen beeinflussen. Unternehmen müssen stets informiert und flexibel sein, um umgehend auf solche Dynamiken reagieren zu können.
  • Tarifierung: Das Harmonized System (HS) der Weltzollorganisation (WCO) bildet die Grundlage für die einzelnen Zolltarife. Bevor sich Waren im globalen Markt bewegen, müssen sie nach dem HS-Code klassifiziert werden. Das setzt HS-Kenntnisse voraus. Fehler bei der Einstufung können zu falschen Zollsätzen führen und rechtliche Probleme nach sich ziehen.
  • Interkulturelle Barrieren können die Qualität des Zollmanagements im globalen Warenverkehr beeinträchtigen. Interkulturelle Kompetenz (von der länderübergreifenden Regelkenntnis bis zur sprachlichen Kommunikation) erleichtert die reibungslose Zollabwicklung in verschiedenen Ländern, um Verspätungen oder Missverständnissen vorzubeugen.

Wie lassen sich Kosten und Zeit beim Zoll sparen?

Effizientes Zollmanagement erfordert vor dem Hintergrund all dieser Herausforderungen fundierte Detailkenntnisse in rechtlichen und kulturellen Fragen. Unternehmen müssen sich ständig an die sich ändernden rechtlichen Rahmenbedingungen und Marktgegebenheiten anpassen. Die kontinuierliche Fortbildung der Mitarbeitenden im internationalen Handels- und Zollrecht ist deshalb wichtig.

Außerdem stehen technologische Lösungen wie Zollmanagementsysteme zur Verfügung. Sie erleichtern die Dokumentation aller Handelsaktivitäten und die Implementierung von Kontrollsystemen, die jeden zollrelevanten Vorgang auf mögliche Rechtsverstöße überprüfen.

Darüber hinaus erleichtern die leistungsfähigen IT-Systeme das Risikomanagement im Zollalltag. Themen wie Cybercrime, Datenschutz und Betrugsabwehr werden immer wichtiger. Risiken müssen frühzeitig erkannt und eliminiert werden, um Unternehmen vor Verlusten zu schützen und Compliance zu gewährleisten. Auch hier ist beides wichtig: zeitgemäße Technologien und die fortlaufende Weiterbildung der Mitarbeitenden.

„Wissen, was sich regulatorisch ändert, eine gute Datenqualität und -verfügbarkeit sind Garanten für einen reibungslosen Ablauf an der Grenze.“

Thomas Weins, VP Customs & CEO Gerlach Germany

Wie ein kompetenter Zolldienstleister Unternehmen unterstützen kann

Die Zusammenarbeit mit Zolldienstleistern kann nicht nur die Zollabfertigung beschleunigen, sondern auch Kosten sparen, die sonst durch mangelnde Erfahrung und mögliche Strafen entstehen würden. Thomas Weins hält es jedoch für wenig hilfreich, wenn Unternehmen für die Abwicklung ihrer internationalen Handelsaktivitäten eine Vielzahl von Frachtführern beauftragen, die ihrerseits die Zollformalitäten selbst oder durch Dritte abwickeln. Dadurch verlieren die Unternehmen die Kontrolle über die Zollprozesse und Unregelmäßigkeiten sind vorprogrammiert.

Erfolgversprechender erscheinen Lösungen aus einer Hand. Vor diesem Hintergrund ist es besonders aufschlussreich, dass mit Gerlach der führende neutrale Zolldienstleister in Europa eine hundertprozentige Tochter der DHL Group ist. Dadurch sind sowohl logistische als auch zollrechtliche Kompetenz unter einem Dach vereint.

„Zoll wird komplexer und erfordert echte Spezialisten:innen, welche die notwendige Zollkompetenz mitbringen. Als Zolldienstleister, der über 140 Jahre aktiv ist und mittlerweile mehr als 1.000 Personen beschäftigt, haben wir das Wissen und die operative Erfahrung, um unseren Kunden bei Seite zu stehen. Als Teil der DHL Group engagieren wir uns auch in politischen Gremien der EU-Kommission und des EU-Parlamentes und sind frühzeitig informiert, um die Supply Chain unserer Kunden am Laufen zu halten.“

Thomas Weins, VP Customs & CEO Gerlach Germany

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Dann wenden Sie sich gerne an unsere Kollegen von Gerlach Zolldienste. Gerlach ist der führende neutrale Anbieter von Zolldienstleistungen in Europa und bietet das gesamte Spektrum an Zolldienstleistungen.

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Fazit: Zollherausforderungen meistern, um die Chancen der Globalisierung zu nutzen

Der globale Handel eröffnet den beteiligten Unternehmen mehr Möglichkeiten, als sie mögliche Probleme mit dem Zoll begrenzen könnten. Und trotz der politischen Entwicklungen in den USA sowie in Krisen- und Kriegsregionen gibt es keine generelle Trendwende hin zur Regionalisierung, wie beispielsweise der neue DHL Global Connectedness Tracker zeigt. Die Globalisierung und ein weltweiter Absatzmarkt bleiben für alle Unternehmen eine große Chance, die natürlich mit Aufgaben und Herausforderungen verbunden ist, von denen der Umgang mit Zollfragen nur eine ist.

Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ist es ein erheblicher Aufwand, in allen Fragen des internationalen Zollrechts immer auf dem neuesten Stand zu sein. Zolldienstleister wie Gerlach unterstützen Sie gerne in allen Fragen rund um die erfolgreiche Gestaltung Ihres grenzüberschreitenden Handels: von Import-, Export- und Transitzöllen bis hin zu komplexen Zolllösungen. Wenn Sie Unterstützung bei Ihren Zollprozessen benötigen, wenden Sie sich gerne an unsere Kollegen von Gerlach Customs.

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