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DHL Road Freight Market News – Januar/Februar 2023

Zum Jahresanfang 2023 startet die Eurowirtschaft trotz jüngster Aufhellungen verhalten. In der Ausgabe der DHL Road Freight Market News für Januar und Februar resümieren wir die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung zum Beginn des neuen Jahres und besonders die Situation für den Straßengüterverkehr in Europa. Informationen zu den Trends im November und Dezember 2022 finden Sie in unserer letzten Ausgabe.

Rückblick auf Europas Wirtschaft 2022: Rekord-Inflation, ausbleibende Rezession

Für das Jahr 2022 wurde insgesamt mit einem nachpandemischen Aufschwung und damit einer blühenden Wirtschaft gerechnet. Diese Erwartungen wurden in erster Linie durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und den damit einhergehenden Auswirkungen auf den europäischen Energiemarkt verworfen. In vielen EU-Staaten folgte damit auf große Erwartungen noch größere Sorge. Denn spätestens im Herbst 2022 läuteten die ökonomischen Alarmsignale. Eine umfangreiche Energiekrise, durch eingeschränkte Versorgungsmöglichkeiten, mit weitreichenden Folgen für Industrie und Wirtschaft wurde befürchtet. Allumfänglich warnten Ökonomen vor einem massiven wirtschaftlichen Abschwung in allen großen europäischen Volkswirtschaften, insbesondere in Deutschland.

In der Tat spiegelten sich jene Folgen insbesondere in einem hohen Preisniveau wider, denn die Inflation innerhalb der EU stieg Monat um Monat, bis sie im Oktober auf ein Rekordniveau von 10,6 Prozent kletterte. Um diesem Trend entgegenzuwirken, wurden europaweit politische Maßnahmen ergriffen, um beispielsweise die Energieversorgung sicherzustellen. Preisobergrenzen oder Unterstützungspakete konnten die negativen Auswirkungen der massiv gestiegenen Energiekosten auf Unternehmen und Privatkonsumenten abmildern. Auch die Europäische Zentralbank (EZ) reagierte auf die anhaltend hohe Inflation und erhöhte den Leitzins im Jahr 2022 ganze viermal – auf bis zum Jahresende 2022 2,5 Prozent, um somit die Inflationsentwicklung im Euroraum zu bremsen. Eine Wirkung der entsprechenden Maßnahmen zeichnete sich seit November ab. Im Dezember betrug laut Eurostat, dem Statistischen Bundesamt der Europäischen Union, die jährliche Inflationsrate in der EU noch 9,2 Prozent. Die deutsche Bundesregierung berichtete im Entwurf ihres Jahreswirtschaftsberichts bereits, dass der Höhepunkt der Inflationsentwicklung damit überschritten sein dürfte, was sich im Januar bereits bestätigt.
Trotz der Herausforderungen, denen sich die europäische Wirtschaft im Jahr 2022 stellen musste, zeigte sich die wirtschaftliche Entwicklung deutlich robuster als von Experten zunächst befürchtet: S&P Global gab Ende 2022 für das europäische BIP (ohne Russland) einen Wert von 3,4 Prozent an.

Wie geht es 2023 weiter?

Folgend auf das volatile Jahr 2022, gilt die Erkenntnis, dass Prognosen für 2023 nur mit Vorbehalt getroffen werden können. Als unbestritten gilt unter Wirtschaftsexperten jedoch, dass die Weltwirtschaft 2023 weiter stark unter Druck gesetzt werden wird. So stellt bspw. der jüngste Bericht der Weltbank in Aussicht, dass sich das globale Wachstum, aufgrund eines anhaltend hohen Preisniveaus und gestiegener Zinssätze, verlangsamen könnte.

Entgegen dieser Erwartung zeichnet sich in Europa jedoch aktuell teilweise vorsichtiger Optimismus hinsichtlich der konjunkturellen Entwicklung ab. Dies zeigt sich zum Beispiel anhand des Einkaufsmanager-Index von S&P Global, dem zu entnehmen ist, dass sich die Stimmung zu Jahresbeginn innerhalb der Industrie leicht aufgehellt hat. Diese Aufhellung spiegelt ebenfalls der ifo Geschäftsklimaindex für die deutsche Wirtschaft wider - die Erwartungen sind merklich weniger pessimistisch als noch zuletzt im Jahr 2022.

Makroökonomische Schlüsselindikatoren in der EU von Januar/Februar 2023
Makroökonomische Schlüsselindikatoren in der EU von Januar/Februar 2023

Die Aufhellung nährt sich dabei vor allem aus den konjunkturellen Hoffnungszeichen des abgeschwächten Inflationsdrucks, der geringeren Engpässe innerhalb der Lieferketten und der bis dato vermiedenen Gasmangellage. Die Entspannung auf dem Energiemarkt schlägt sich auch sichtbar in der Teuerungsrate nieder: Die jährliche Inflationsrate im Euro-Raum sank laut Eurostat von zuletzt 9,2 Prozent im Dezember 2022 auf 8,5 Prozent im Januar 2023. Dabei wurden, wie schon in den letzten Monaten die höchsten Raten erneut im Baltikum gemessen (Lettland: 21,6 Prozent; Estland: 18,8 Prozent; Litauen 18,4 Prozent).

Trotz des mittlerweile leicht sinkenden Preisniveaus, setzt die EZB ihren Kampf gegen die hohe Inflation im Euroraum fort und hebt im Januar den Leitzins erneut um 0,5 Prozentpunkte auf 3,0 Prozent an.

Mit einer straffen Geldpolitik wächst der Lehre nach das Risiko, dass die Wirtschaft durch sinkenden Konsum ausgebremst wird. In 2022 zeigte sich die Konjunktur im Euroraum noch robuster als erwartet und zwar insbesondere aufgrund des privaten Konsums, der nach den Corona-Jahren zu Beginn des Jahres 2022 enorm an Fahrt zugelegt hatte. Mittlerweile wirken sich die steigenden Preise aber auch auf den privaten Konsum aus. Angesichts des erheblichen Rückgangs der real verfügbaren Einkommen ist aktuell kaum annehmbar, dass der Konsum in 2023 merklich ansteigen wird. Entsprechend könnte, Daten von S&P Global zu Folge, dem Wachstum der europäischen Wirtschaft um 3,4 Prozent im Jahr 2022 eine leichte Schrumpfung oder Stagnation des europäischen Bruttoinlandsprodukts folgen. Die Erwartung lautet: 0,0 Prozent Wachstum für 2023.

Straßengüterverkehrsmarkt – Entwicklungen und Erwartungen

Nachdem 2022 im europäischen Straßengüterverkehrsmarkt das nachgefragte Frachtvolumen die vorhandenen Laderaumkapazitäten nahezu dauerhaft überschritten hatte, entspannt sich die kapazitative Engpasslage zu Ende 2022 deutlich. Laut TIMOCOM war im Dezember der stärkste Rückgang der Frachtnachfrage im Verhältnis zum Laderaumangebot sowie ein europaweiter Rückgang an Frachtofferten zu verzeichnen.

Entsprechend meldete TIMOCOM im Dezember ein Verhältnis von 58 Prozent Frachtanteil gegenüber 42 Prozent verfügbarem Laderaumanteil. In den Vormonaten lag der verfügbare Laderaumanteil zeitweise bei nur 15 bis 20 Prozent. Der Dezember Trend und damit die Entspannung hinsichtlich des Kapazitätsmangels setzt sich im Januar fort: Zu Beginn des Jahres wurde für das Verhältnis von Frachten zu angebotenem Laderaum ein Wert von 55:45 berichtet.

Statistik zur europäischen Straßengüterverkehr-Entwicklung von Januar/Februar 2023
Europäische Road Freight Market Kennzahlen von Januar/Februar 2023

Wendepunkt im Straßengüterverkehr in Europa: Entspannung der Kapazitätsengpasslage bei anhaltend hohen Preisen

Das vierte Quartal 2022 könnte sich aufgrund der Entwicklung bzgl. Angebot und Nachfrage von Fracht- und Laderaumanteil im europäischen Transportmarkt als Wendepunkt erweisen. Ein saisonaler Peak mit anschließendem Einbruch der Frachtangebote ist grundsätzlich nicht ungewöhnlich. Im Vergleich zu saisonbedingten Entwicklungen der vergangenen Jahre lässt sich zum Ende des Jahres 2022 allerdings eine deutlich höhere Geschwindigkeit beim Rückgang der Frachtangebote feststellen – der Einbruch folgt traditionell erst im Januar.

Eine mögliche Erklärung für diese Entwicklung könnte die letztjährige volatile Entwicklung mit ihren vielen Herausforderungen für den Straßengüterverkehr – darunter Kapazitäts- und Lieferengpässe – sein. Diese haben dazu geführt, dass sich viele Unternehmen frühzeitig Transportkapazitäten gesichert haben, um in ihrer geschäftlichen Hochsaison über ausreichend Frachtkapazitäten verfügen zu können. So wurde dem vorweihnachtlichen Frachtaufkommen die sonst übliche Dynamik entzogen. Hinzu kommt der Fahrermangel: Der anhaltende personelle Engpass zwingt Transportunternehmen teilweise dazu, Aufträge trotz vorhandener Fuhrparkressourcen abzulehnen und das Angebot an Laderaum zu reduzieren. Darüber hinaus schließt die Abschwächung der Kapazitätsengpasslage auch auf die grundsätzliche wirtschaftliche Entwicklung und den damit verbundenen Volumenrückgang im Markt. Darauf deutet nicht nur der deutsche Lkw-Maut-Index hin, der grundsätzlich im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Aktivität gesehen wird und angibt, dass im Dezember 4,9 Prozent weniger Lkw auf den Autobahnen unterwegs waren als im Vorjahr. Auch andere Anbieter innerhalb des Straßentransportsektors berichten von deutlichen Volumenrückgängen, die mindestens noch bis zur zweiten Jahreshälfte 2023 andauern werden.

Trotz der Entspannung der Engpasslage bzgl. der Kapazitäten im Markt für Straßentransport, schlägt sich diese Entwicklung weiterhin nicht in den Frachtpreisen nieder. Auch der mittlerweile etwas abgeschwächte Dieselpreis, der für die 27 europäischen Mitgliedsstaaten in der vierten Kalenderwoche des Jahres 2023 im gewichteten Durchschnitt bei 1,80 Euro pro Liter liegt, wirkt nicht preisdämpfend. Die in 2023 eingeführten Mauterhöhungen, bspw. in Deutschland und steigende Lohnkosten werden die Frachtpreise vermutlich sogar weiter steigen, zumindest aber auf einem hohen Niveau belassen.

Die Marktlage zusammengefasst

Die Euro-Wirtschaft startet mit zögerlichem Optimismus ins neue Jahr. Zwar ist die zwischenzeitlich befürchtete Gasmangellage nicht eingetreten, die Inflation flaut ab, die Lieferketten stabilisieren sich und die Wirtschaft zeigt sich resilienter als erwartet, doch bleiben die Herausforderungen groß und der Ausblick auf wirtschaftliches Wachstum damit düster. Eine Stagnation der Wirtschaft oder sogar eine leichte Schrumpfung über die europäischen Länder hinweg, ist weiterhin möglich.

Diese Möglichkeit besteht insbesondere dahingehend, dass sich die Gasversorgungslage tendenziell in Abhängigkeit des Verlaufs der Wintermonate verschärfen könnte, Lieferketten aufgrund der hohen COVID-Infektionen in China erneut von Engpässen gekennzeichnet werden und geopolitische Auseinandersetzungen, wie insbesondere der Krieg in der Ukraine, den internationalen Handel weiter belasten könnten.

Mit Blick auf den europäischen Straßengüterverkehr kann gesagt werden, dass dieser aktuell zwar eine Entspannung hinsichtlich verfügbarer Kapazitäten erfährt, nicht jedoch hinsichtlich der Frachtpreise. Inwieweit dieser Wandel weg von Kapazitätsengpässen, hin zu einem ausgewogeneren Verhältnis von Frachtraumnachfrage und -angebot, einer langfristigen Trendwende entspricht oder nur eine Momentaufnahme darstellt, dürfte die nächste Peak-Season aufzeigen. Erfahrungsgemäß gibt es einen Anstieg an Frachtangeboten vor Ostern.

Ausblick auf die weitere Entwicklung

Angesichts zahlreicher politischer und wirtschaftlicher Unwägbarkeiten bleiben Prognosen für dieses Jahr unzuverlässig. Die Rahmenbedingungen können sich jederzeit ändern. Gerade in solchen Zeiten hat eine offene und transparente Kommunikation für DHL Freight die oberste Priorität. Deshalb wird das nächste Update mit Details zum Verlauf des jungen Wirtschaftsjahres 2023 und zum Straßentransportmarkt Anfang März erscheinen.

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