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Im Wasser liegt die Kraft

Schwere Lkw mit alternativem Antrieb, ohne CO2-Ausstoß? Das war lange Zeit Zukunftsmusik, nicht zuletzt wegen der fehlenden Reichweite reiner Batteriefahrzeuge. Eine Lösung: Brennstoffzellen. Die ersten Fahrzeuge sind bereits auf den Straßen.

Der erste schwere Brennstoffzellen-Lkw für den Alltagsbetrieb ist seit über einem Jahr im Einsatz: Aus seinem Auspuff kommen weder Kohlendioxid, noch Stick- oder Schwefeloxide oder Rußpartikel – nur Wasserdampf. Der 34-Tonner fährt für die Schweizer Handelskette Coop und wurde vom Schweizer Ingenieurbüro Esoro AG entwickelt. Der Lastwagen trägt sein eigenes Kraftwerk mit sich. Sein Brennstoffzellensystem wandelt Sauerstoff aus der Luft und Wasserstoff in Strom und Wasserdampf um. Der Wasserdampf entweicht durch den Auspuff. Der Strom geht direkt an den Motor oder lädt die Batterie auf. Sie liefert die hauptsächliche Energie für die Beschleunigung des Lkw und fungiert zusätzlich als Zwischenlager für den beim Bremsen zurückgewonnenen Strom.

Ausbaufähige Reichweite

Aufgetankt ist der Truck innerhalb von neun Minuten. Mit einer Tankfüllung beträgt seine Reichweite bis zu 400 Kilometer. Zum Vergleich: Bei einem konventionellen Diesel liegt sie bei 2.500 Kilometern. Für den Fernverkehr ist der Brennstoffzellen-Lastwagen damit noch nicht ohne Einschränkungen verwendbar. Doch das kann sich bei zukünftigen Fahrzeugen ändern. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI, des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik IML und der PTV Transport Consult GmbH: Mit höherer Energiedichte und größeren Tanks „könnte sich die Reichweite pro Tankfüllung auf 800 bis 1.000 Kilometer erhöhen“. Die politischen Voraussetzungen sind da. Für Lkw mit geringen Emissionen erlaubt die EU-Richtlinie 2015/719 höhere Gewichte und Gesamtlängen bei Lkw. Das ermöglicht Raum für Zusatztanks.

Wasserstoffproduktion muss Klimaneutral sein

Ob der Antrieb aber tatsächlich umweltschonend ist, hängt von der  Erzeugung des Wasserstoffs ab. Dieser wird durch Elektrolyse gewonnen, also die Zerlegung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Bislang kommt die Energie dafür vor allem von fossilem Erdgas – und dabei entsteht CO2. Anders sieht die Bilanz aus, wenn dafür Energie aus alternativen Quellen genutzt wird, wie für den Coop-Lkw: Der Strom für seinen Wasserstoff kommt aus einem Wasserkraftwerk. Im Vergleich zu einem Diesel erspart der Lastwagen der Atmosphäre damit 70 bis 80 Tonnen CO2 im Jahr. Allerdings ist die Herstellung deutlich teurer als bei den konventionellen Pendants – auch weil die Entwicklungskosten noch nicht auf hohe Stückzahlen verteilt werden können.

Infrastruktur in den Kinderschuhen

Aufgetankt wird der Coop-LKW an der unternehmenseigenen Tankstelle in Hunzenschwil im Kanton Aargau. Sie ist die erste öffentliche Wasserstoff-Tankstelle in der Schweiz. In Deutschland setzt sich die Initiative H2Mobility für den Ausbau der Infrastruktur in diesem Bereich ein. 2019 sollen in der Bundesrepublik 100 öffentliche Wasserstoff-Stationen für Pkw bereitstehen. Für Lastwagen lassen sich die Konzepte jedoch nicht unmittelbar übernehmen, urteilt die „Initiative klimafreundlicher Straßengüterverkehr“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Denn sie brauchen größere Treibstoffmengen. „Deshalb sollten Konzepte für die Versorgung und den Aufbau von Tankstellen mit einer hohen Wasserstoffnachfrage entwickelt werden“, schreibt die Initiative in ihrem Fahrplan für einen klimafreundlichen Straßengüterverkehr.

Neue Modelle in Arbeit

Währenddessen sind einige Unternehmen bereits dabei, Brennstoffzellen-Lkw auf den Markt zu bringen. Toyota testet seit 2017 einen entsprechenden Antrieb für schwere Lkw. Mit dem Nikola Tre hat das US-Unternehmen Nikola Motor zum März 2019 ein Fahrzeug speziell für Kunden in Europa angekündigt – mit einer geplanten Reichweite von 500 bis 1.200 Kilometern. Hyundai Motor will im im Laufe des Jahres die ersten Brennstoffzellen-Lkw für die neue Flotte des Schweizer Wasserstoffunternehmens H2 Energy liefern.

Der Brennstoffzellen-Lkw in Zahlen

Reichweite:375-400 km
Verbrauch:7,5-8,0 kg H2/100 km
Betankungsdauer:ca. 10 min
Maximalgewicht:34 Tonnen
Motor:Synchronmotor von tm4
Leistung:250 kW Dauerleistung (ca. 340 Diesel-PS)
Kraftübertragung:Automatikgetriebe
Batterie:Lithium-Ionen-Akku
Kapazität:120 kWh (2x60 kWh)
Brennstoffzelle:455-Zellen, 100 kW Dauerleistung
Wasserstoffspeicher:7 Flaschen im Rack zu je 4,93 kg H2
Gesamtkapazität:31,0 kg H2 netto

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