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"Das Rad der Globalisierung l\u00e4sst sich nicht zur\u00fcckdrehen!"

BWVL-Präsident Jochen Quick im Interview: Der freie Welthandel wird immer häufiger in Frage gestellt, die Logistikbranche braucht aber stabile Rahmenbedingungen

[Foto: BWVL]
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Eine offene Bundestagswahl, europäische Richtlinien, Dieselfahrverbote und die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump – vieles rund um die Logistik ist aktuell im Umbruch. Der Präsident des Bundesverbandes Wirtschaft, Verkehr und Logistik e.V., Jochen Quick, im Interview mit DHL Freight Connections.

Die Demoskopen sehen das Rennen um die Bundestagswahl im September wieder völlig offen. Ob Schulz oder Merkel – was erwarten Sie von der nächsten Bundesregierung im Bereich Logistik?

Demokratie lebt vom Wettbewerb verschiedener Politikansätze. Das ist das Positive an der Entwicklung um die Nominierung von Martin Schulz als Bundeskanzlerkandidat. Unabhängig von dem Ausgang der Wahlen im September brauchen wir als Verkehrswirtschaft langfristig verlässliche Rahmenbedingungen. Dies schließt auch eine weitere Erhöhung und Verstetigung der Investitionen in die Infrastruktur auf hohem Niveau mit ein. Nur eine nachhaltige Finanzierung durch die nächste Bundesregierung sichert eine dauerhafte Sanierung und bedarfsgerechten Ausbau der Infrastruktur, sowohl der analogen wie digitalen.

EU-Verkehrskommissarin Violetta Bulc hat ihre mehrfach verschobenen Vorschläge für einen fairen Straßengüterverkehr nun für Ende Mai angekündigt. Wo sollten aus Ihrer Sicht die Schwerpunkte liegen?

Ob das Papier Ende Mai veröffentlich wird, steht weiterhin in den Sternen. Die EU-Kommission wird die Schwerpunkte sicherlich beim Markt- / Berufszugang sowie bei den sozialen Belangen legen. Das Hauptziel sollte für mich die Klarstellung und Präzisierung bereits bestehender Regelungen sein. Kabotage ist hier sicherlich ein gutes Beispiel. Wir brauchen in diesem Fall klare und vor allem kontrollierbare Regelungen.

Die Wahrscheinlichkeit von Dieselfahrverboten in deutschen Innenstädten wächst. Welche Auswirkungen hätte dies für die Logistik?

Das Verbot von Dieselfahrzeugen, und sei es nur partiell in einigen Städten, hätte nachhaltig negative Wirkung auf die Logistik! Neben der deutlich schwieriger werdenden Organisation der letzten Meile, würde auch das Preisniveau für Transportdienstleistungen massiv steigen. Mit Unterstützung der Logistik-Verbände konnte die Einführung der blauen Plakette nochmals verhindert werden. Wir sehen da ein Spannungsverhältnis Feinstaubemissionen versus Klimaschutz. Letztlich ist es eine gesellschaftliche Frage, wie wir unsere Innenstädte mit Gütern aller Art beliefern wollen. Drohnen werden das nicht leisten können!

Wie gut ist die deutsche Logistikbranche nach Ihrer Meinung für die zunehmende Digitalisierung gerüstet?

Das ist eine schwierige Frage und leider nicht mit Ja oder Nein zu beantworten. Um international Schritt halten zu können ist die Digitalisierung entlang der gesamten Supply Chain stark auf dem Vormarsch. Stand heute sind wir von diesem Ziel jedoch unter dem Stichwort Industrie 4.0 oder Logistik 4.0 noch weit entfernt. Wir müssen uns alle – und da muss ich mich auch an die eigene Nase fassen – noch mehr mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen.

US-Präsident Donald Trump scheint tatsächlich daran zu arbeiten, das Rad der Globalisierung zurückzudrehen. Welche Auswirkungen auf die deutsche Logistikbranche erwarten Sie davon?

Zunächst einmal glaube ich, dass sich das Rad der Globalisierung nicht einfach zurückdrehen lässt. Es besteht ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis der großen Wirtschaftsmächte und ich denke der amerikanische Präsident ist da gerade erst in einem Lernprozess angekommen. Alle einseitigen Maßnahmen der USA, um die Auswirkungen der Globalisierung im eigenen Land zu bremsen, werden sich letztlich sehr negativ in der amerikanischen Wirtschaft widerspiegeln. Nichtdestotrotz müssen wir die Zeichen der neuen US-Administration ernstnehmen und uns auf eine deutlich komplizierter werdende Zukunft vorbereiten. Dies gilt natürlich auch für die nachgeleitete Logistikbranche.

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