Dieselpreis-Kommentar von Eugen Weinberg, Leiter Rohstoffanalyse der Commerzbank
Lag der Dieselpreis im Großhandel zum Oktober noch fast bei 750 US-Dollar beziehungweise 650 Euro pro Tonne, so sackte der Preis Ende November auf 550 US-Dollar oder 480 Euro ab. Doch ein Großteil der Verbraucher insbesondere im West- und Süddeutschland spürten von dieser Entlastung nichts.
Niedrige Wasserstände bedeuten höhere Preise
Der Grund dafür waren aber nicht etwa die Herbstferien oder mögliche Absprachen zwischen verschiedenen Lieferanten, sondern ein rekordtiefer Wasserpegel im Rhein. So lag der Pegel zwischen Oktober und November nahezu durchgängig unter den kritischen Werten (30 cm und darunter in Emmerich, 180 cm in Duisburg-Ruhrort oder 80 cm in Kaub). Das erschwerte den Treibstofftransport aus Rotterdam massiv. Lang anhaltende Niedrigwasserperioden bereiten der Binnenschifffahrt große Probleme, denn mit fallenden Pegeln sinkt die Ladekapazität der Binnenschiffe. Die Transportkosten sind also erheblich gestiegen und wurden an die Endverbraucher weitergegeben.
Kurzfristiger Angebotssprung
Der Ölpreis selbst kam zwischenzeitlich massiv unter Druck, nachdem das Angebot deutlich stärker stieg als erwartet. Russland, Libyen, die USA aber auch Saudi-Arabien haben ihre Produktion erheblich ausgeweitet. Außerdem sind die Ausnahmegenehmigungen der USA für die Ölimporte aus dem Iran deutlich großzügiger ausgefallen als befürchtet. Der starke Angebotsanstieg hat auch die zuvor von steigenden Preisen überzeugten Spekulanten zum Umdenken veranlasst. Wobei sie ihre Netto-Long-Positionen bei Brent vom Oktober bis Mitte Dezember um rund 70 Prozent auf den niedrigsten Stand seit September 2015 reduziert haben.
Steigende Preise voraus
Der Preissturz ist nicht unbemerkt an den Ölproduzenten vorbeigegangen. Die meisten führenden Ölexporteure haben zusammen mit der OPEC Produktionskürzungen von 1,2 Millionen Barrel täglich vereinbart. Zur völligen Überraschung hat sich auch die kanadische Provinz Alberta bereit erklärt, ihre Produktion Anfang 2019 um 325.000 Barrel täglich zu reduzieren.
Diese Maßnahmen dürften zu einem Verschwinden des aktuellen Überangebotes im Laufe der kommenden sechs Monate führen. Denn der aktuelle Preisrückgang bei Rohöl hat mit der Nachfrage nichts zu tun. Ganz im Gegenteil, China hat beispielsweise kürzlich mit über 10 Millionen Barrel am Tag mehr Rohöl importiert als je zuvor. Deshalb sollten sich die Ölpreise in Kürze wieder stabilisieren und im Laufe des Jahres 2019 wieder auf 70 US-Dollar je Barrel steigen.
Teuerung jenseits der 70 Dollar denkbar
Es gibt durchaus Szenarien, in denen der Ölpreis noch stärker steigen könnte. Einmal wäre es denkbar, dass die OPEC ihre Produktion stärker als vereinbart reduziert, um eine weitere Preiserholung zu befördern. Auch die Ausnahmen für die iranischen Ölexporte laufen Anfang Mai aus. Eine Verlängerung seitens der US-Regierung erscheint fraglich. Nicht vorhersehbar ist auch, ob sich die Trockenheitsperiode in Europa erneut wiederholt. Die Gefahr einer erneuten lokalen Verknappung bleibt jedoch.
Auch das IMO 2020 Regelwerk kann den Dieselmarkt mittelfristig stark verknappen. Danach dürfen ab Januar 2020 alle Schiffe nur noch Treibstoff mit einem maximalen Schwefelgehalt von 0,5 Prozent statt bisher 3,5 Prozent verbrennen. Wir denken deshalb, dass sich strategische Maßnahmen gegen steigende Dieselpreise aktuell lohnen. Egal ob durch eine zusätzliche Vorratshaltung, langfristige Kaufverträge mit Lieferanten oder finanzielle Absicherungen.