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­­­­DHL Road Freight Market News – Juli 2022

Wie stark der europäische Straßentransportmarkt mit internationalen Produktions- und Lieferketten verflochten ist und wie sehr dieser vom weltweiten Geschehen abhängig ist, zeigte sich insbesondere in den letzten Jahren. Innerhalb dieser gab es gleich mehrere Ereignisse auf politischer Ebenen, die den Druck auf die europäische Wirtschaft und damit ebenfalls auf den Straßengüterverkehr deutlich erhöht haben. Ein einschneidendes Ereignis stellt dabei der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union dar, welcher nicht nur die Wirtschaft verunsichert und vor Herausforderungen gestellt hat, sondern auch den Transportmarkt im allgemeinen. In diesem Zusammenhang wurde insbesondere die zunehmende Problematik des Fahrermangels  innerhalb des Straßentransportmarktes ersichtlich.

Die Corona Pandemie und ihre Auswirkungen auf Wirtschaft und Logistik

Makroökonomische Schlüsselindikatoren in der EU

Weitreichende Konsequenzen gingen ebenfalls mit dem Beginn der Corona Pandemie einher. Die Restriktionen, die zur Eindämmung der Pandemie europaweit eingeführt worden sind, haben die Produktions- sowie die Handelsmöglichkeiten innerhalb des europäischen Wirtschaftsraums und entlang der globalen Lieferketten stark eingeschränkt oder auch gänzlich zum Erliegen gebracht. Die reduzierte Wirtschaftskraft spiegelt sich in einer moderaten europäischen Wachstumsprognose für 2022 dar. S&P Global (ehemals IHS Markit) prognostizieren im Juni einen BIP für das Jahr 2022 von 2,3% (-1,4% im Vergleich zur Wachstumsprognose zu Beginn des Jahres), welche von einer steigenden Inflation bzw. einem hohen Preisniveau begleitet wird. Entgegen dem mittelfristigen Inflationsziel der Europäische Zentralbank (EZB) von 2%, lag die jährliche Inflationsrate im Euroraum im Juni 2022 bei 8,6% (Eurostat, statistische Bundesamt der Europäischen Union).

Die gestörten Lieferketten haben dabei viele Wirtschaftssektoren vor große Herausforderungen gestellt. Nachhaltig beeinträchtigt worden ist dabei auch die Automobilindustrie, inklusive der LKW-Produktion, die seit der pandemiebedingten „Halbleiterkrise“ von Lieferproblemen sowie -verzögerungen betroffen ist. 

Mit der schrittweisen Aufhebung der Corona-Maßnahmen, seit Beginn des Jahres 2021, gingen die sogenannten „Aufholeffekte“ einher, die durch die erneute Aufnahme der Produktion zu einem starken Anstieg an Volumina im Markt führten. Wie in der Abbildung („Europäische Road Freight Market Key Figures“) ersichtlich, resultierte dies im Zusammenspiel mit dem vorherrschenden LKW- und Fahrermangel in einer signifikanten Verknappung an Kapazitäten im europäischen Straßengüterverkehr, welche sich seitdem fortsetzt.

Der Krieg in der Ukraine sorgt für eine Verschärfung bestehender Engpässe

Der Ausbruch des Krieges in der Ukraine zum Frühjahr 2022 führte zu einer weiteren Verschärfung der ohnehin schon angespannten Ausgangslage im europäischen Straßengüterverkehr. Das weitere Wegfallen des bereits unzureichend vorhandenen Fahrpersonals im europäischen Markt hat die bestehenden Kapazitätsengpässe nochmals verschärft.  So berichtet TIMOCOM im Juni von einem dramatischen Kapazitätsmangeln im Verhältnis 85:15 (angefragte Kapazitäten/ angebotene Kapazitäten) im europäischen Straßennetz.  

Die Sanktionspakete der Europäischen Kommission, inklusive der Abkehr von russischen Öl- und zunehmend auch Gaslieferungen, führen gleichzeitig zu einem Rekordhoch der Energie- und Dieselkosten, die sich bereits zuvor auf einem hohen Preisniveau befanden. So gibt Eurostat für den Juni einen gewichteten durchschnittlichen Dieselpreis von 2,00 Euro pro Liter für die 27 europäischen Mitgliedsstaaten an. Vor rund einem Jahr lag dieser noch bei 1,34 Euro pro Liter (Juni 2021) und ist somit um ganze 49% gestiegen. 

Die Kombination der genannten Konsequenzen des Konflikts führen folglich zu einem erhöhten Kostendruck für Transportleistungen. Anhaltend knappe Kapazitäten im Markt sowie kapazitäts- und dieselpreisgetrieben hohe Transportkosten charakterisieren somit aktuell den europäischen Straßengüterverkehr.

Das europäische Mobilitätspaket und erneute Lockdowns in China stellen den Straßengüterverkehr vor weitere Herausforderungen

Eine zusätzliche Belastung, speziell für den europäischen Straßengüterverkehr, stellen die kapazitätsmindernden Effekte des europäischen Mobilitätspakets dar, das vordergründig zum Vorantreiben der europäischen Normung im Bereich Spedition und Logistik im Jahr 2020 vom Europäischen Parlament verabschiedet wurde. So beinhaltet das Mobilitätspaket beispielsweise die Rückkehrpflicht der Fahrzeuge im Rahmen der Kabotage, welche im Februar 2022 in Kraft getreten ist und europaweit in nationales Recht übersetzt werden muss. Erschwerend hinzu kommen die Konsequenzen für den globalen Handel durch die erneuten Lockdowns in China, welche den Druck auf die Lieferketten noch einmal erhöhen.

Europäische Road Freight Market Key Figures: Januar 2021 bis Juni 2022

Und schließlich beschäftigt die Branche, nicht erst seit gestern das Thema Klimawandel – die nachhaltige Transformation des Straßengüterverkehrs stellt bereits jetzt eine bedeutende Aufgabe dar, die proaktiv angegangen wird.

Basierend auf den beschriebenen Entwicklungen ist davon auszugehen, dass zeitnah keine Trendwende erkennbar sein und sich die  Lage auch im Juli nicht unmittelbar erholen wird. Demnach verfügbare Transportkapazitäten zunächst noch knapp bleiben und entgegen des traditionellen „Cooldowns“ im Sommer, charakterisiert durch einen Rückgang des Sendungsvolumens, eine weiterhin angespannte Situation im Straßentransportmarkt zu erwarten ist. Ebenfalls ist davon auszugehen, dass sich das Preisniveau für Logistikdienstleistungen auch längerfristig im Vergleich zum Vorpandemie- und Vorkriegsniveau auf einem höheren Level bewegen wird. Abzuwarten bleibt, wie sich die zusätzlichen Streiks im Schiffs- wie auch im Straßengüterverkehr weiter auf die globalen Produktions- und Lieferketten auswirken werden.        

DHL Freight hat dabei frühzeitig begonnen, die Einflüsse auf die Kapazitäten und die Kostensituation im Straßennetz kontinuierlich zu bewerten und zielgerichtete Maßnahmen abzuleiten, um eine gleichbleibende Qualität beim Transport und Zustellung der Sendung zu gewährleisten. Gerade in solch volatilen Situationen hat die offene und transparente Kommunikation für die DHL Freight die oberste Priorität. Deshalb werden wir an dieser Stelle nun monatlich über aktuelle Marktentwicklungen berichten.

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