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DHL Road Freight Market News – 2. Quartal 2024

Im zweiten Quartal des Jahres 2024 bleibt der Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung verhalten, dennoch sind diverse Wachstumsimpulse zu verzeichnen. Die Stimmung in Europa ist durchwachsen, kurz- und mittelfristige Prognosen sind weiterhin zurückhaltend. In dieser Ausgabe der DHL Road Freight Market News blicken wir auf wichtige Details und Trends der Monate April, Mai und Juni des Jahres 2024. Wo steht die EU-Wirtschaft nach dem zweiten Quartal 2024 und wie entwickelt sich der europäische Straßengüterverkehr? Informationen zu den Trends im ersten Quartal 2024 finden Sie in unserer letzten Ausgabe.

Langsame Beschleunigung des Wirtschaftswachstums in der EU – Abwärtsrisiken währen fort

Die EU-Wirtschaft hat im ersten Quartal 2024 ein Wachstum von etwa 0,3% verzeichnet und ist damit, nach zwei vergangenen Quartalen, in denen das BIP um jeweils 0,1% gesunken ist, wieder in die Wachstumsspur zurückgekehrt. Trotz der erfreulichen Entwicklung in den ersten Monaten dieses Jahres haben sich die makroökonomischen Rahmenbedingungen nicht wesentlich verändert: Der russische Krieg in der Ukraine hält unvermindert an, die Lage im Nahen Osten bleibt weiterhin angespannt und die geopolitischen Blockaden, insbesondere in Bezug auf China und die USA halten weiter an. Auch die Ausgänge der Europawahl und deren Folgen, wie beispielsweise die Auflösung des Parlaments in Frankreich, sowie die Unwägbarkeiten des Wahlausgangs in den USA in diesem November haben Auswirkungen auf den Welthandel und die Energiemärkte und stellen damit alle samt ein konjunkturelles Risiko dar.

Nichtsdestotrotz erwartet beispielsweise die EU-Kommission eine allmähliche Beschleunigung des Wachstums im Laufe dieses Jahres und prognostiziert ein BIP-Wachstum von 1,0% innerhalb der EU, welches im Jahr 2025 um weitere 0,6 Prozentpunkte steigen soll. Prognosen anderer Institute, wie die der OECD oder des IWFs, deuten auf ein BIP-Wachstum von 0,7 - 0,8% in 2024 und 1,5% in 2025 hin. Gestützt sind diese Prognosen insbesondere auf den privaten Konsum, da sich die sinkende Inflation positiv auf die Kaufkraft auswirken dürfte.

So wird die jährliche Inflation im Euroraum im Juni auf 2,5% geschätzt, gegenüber 2,6% im Mai. Die EU-Kommission erwartet, dass sich diese in 2025 auf 2,1% abschwächen dürfte. Auf Grundlage dieser Inflationsaussichten, hat der EZB-Rat kürzlich beschlossen, den Grad der geldpolitischen Straffung zu reduzieren und den Leitzins, der 9 Monate lang auf unverändert hohem Niveau verharrte, zu senken. Aktuell ist davon auszugehen, dass auf die Zinssenkung im Juni in diesem Jahr noch weitere Zinsschritte folgen werden. Die sinkenden Zinsen, der stabile Arbeitsmarkt sowie die fortwährenden Einkommenszuwächse dürften demnach der Wirtschaft weiter an Schwung verleihen.

Diese positiven Aussichten führten in den ersten Monaten des zweiten Quartals 2024 auch zu entsprechenden Stimmungsaufhellungen und ließen an dem erwarteten Aufschwung keine Zweifel aufkommen. Noch im Mai schürten fundierte Stimmungsindikatoren gewissen Konjunkturoptimismus. So wies beispielsweise der Einkaufsmanager Index von S&P Global, dank verstärkter Zuwächse bei Auftragseingang und Beschäftigung einen deutlichen Aufschwung der Eurozone-Wirtschaft nach und signalisierte mit einem Anstieg von 51,7 Punkten im April auf 52,3 Punkte im Mai nicht nur zum dritten Mal hintereinander Wachstum, sondern auch eine derart hohe Beschleunigung, die so seit 12 Monaten nicht verzeichnet wurde. Dabei lieferte der Servicesektor die Haupt-Wachstumsimpulse, während die Industrieproduktion nur noch geringfügig sank.

Nun aber scheinen die zuletzt aufgekeimten Wachstumshoffnungen im Juni einen leichten Dämpfer zu bekommen: So gab der Einkaufmanagerindex im Juni auf 50,8 Punkte nach und weist damit eine Verlangsamung des wirtschaftlichen Aufschwungs auf. Während erneut Wachstumsimpulse vom Servicesektor ausgingen, wurde die Produktion in der Industrie so stark zurückgefahren, wie zuletzt Ende 2023, da der Auftragseingang erstmals seit vier Monaten wieder ein leichtes Minus auswies.

Anders als also im Mai erwartet, führt der Index im Juni nicht seinen Aufwärtstrend fort und dämmt damit die Hoffnung auf eine Erholung ein, insbesondere da die Auftragseingänge, die in der Regel ein guter Indikator für die kurzfristige Konjunkturentwicklung sind, deutlich zurückgingen.


Auch wenn diese Entwicklung die Aussichten auf eine wirtschaftliche Erholung etwas eintrüben, signalisiert der Index weiterhin und zum vierten Mal in Folge Wachstum, was letztlich darauf schließen lässt, dass das BIP im zweiten Quartal 2024 erneut zulegen dürfte. 

Deutschland erwartet Konjunkturerholung, trotz gedämpfter Stimmungsaufhellung

Neben dieser gedämpften Aussicht für die EU-Wirtschaft insgesamt, schwächelt auch die deutsche Konjunktur. Im vergangenen Quartal schätzten Experten, dass der konjunkturelle Tiefpunkt mit dem ersten Quartal 2024 durchschritten sein dürfte und für den weiteren Jahresverlauf, aufgrund steigender Konsumausgaben, mit moderat positiven Wachstumsraten zu rechnen sei. Nachdem das BIP im ersten Quartal 2024 um 0,2 Prozentpunkte gegenüber dem Vorquartal stieg, dürfte dieses laut Bundesbank im zweiten Quartal mit einer ähnlichen Rate zulegen. Experten rechneten dabei insbesondere mit positiven Impulsen auf Seiten der privaten Konsumenten. 

Noch im Mai untermauerten die Ergebnisse des GfK Konsumklimaindex jene Annahmen und ließen auf eine positive Entwicklung hinsichtlich des Konsumverhaltens schließen, als der Index zum vierten Mal in Folge eine Verbesserung des Konsumklimas belegte. Im Juni allerdings ist, mit einem Rückgang des GfK Konsumklimaindex von -21,0 auf -21,8 Punkte, die Erholung der Verbraucherstimmung in Deutschland vorerst zum Stillstand gekommen. Dies ist unter anderem auf die geringe Anschaffungsneigung seitens der Verbraucher zurückzuführen, die aufgrund einer etwas höheren Inflationsrate im Mai von 2,4% (vs. 2,2% im April) und damit auf fehlende Planungssicherheit für private Haushalte zurückzuführen ist.

Mit der gedämpften Stimmung auf Seiten der Konsumenten, geht auch eine verschlechterte Stimmung auf Seiten der Unternehmen einher, die ihre Geschäftslage insgesamt eher negativ einschätzen, wie die Deutsche Industrie- und Handelskammer berichtet. Dabei seien mehr als die Hälfte der Betriebe insbesondere in Sorge über hohe Energie- und Rohstoffpreise, den fortwährenden Fachkräftemangel und über die weiterhin hohen Arbeitskosten. Auch der ifo Geschäftsklimaindex zeigt im Juni eine Verschlechterung der Stimmung in der deutschen Wirtschaft auf, in dem der Index von 89,3 Punkten auf 88,6 Punkte gesunken ist. Analog zu den Entwicklungen des Einkaufmanagerindex von S&P Global und des GfK Konsumklimaindex, weist auch das ifo Institut darauf hin, dass die Stimmungsaufhellung eine Pause einlegt. Dabei wirkt sich insbesondere der sinkende Auftragsbestand im verarbeitenden Gewerbe sowie du eingetrübte Stimmung im Groß- und Einzelhandel negativ aus.

Auch die Industrie steht vor anhaltenden Herausforderungen. Die Auftragslage ist angespannt und es dürfte noch etwas dauern, bis sich sinkende Zinsen und ein behutsamer globaler Aufschwung in deutlichen Zuwächsen bei der Industrieproduktion niederschlagen. Entsprechend zeigt sich auch in der Automobilindustrie, eine der größten Industriezweige Deutschlands, eine eingetrübte Stimmung, insbesondere in Bezug auf die künftigen Geschäftserwartungen. Dies ist nicht nur auf die internationale Wettbewerbslandschaft zurückzuführen, mit chinesischen Herstellern, die auf dem europäischen Markt zunehmend Präsenz zeigen, sondern auch auf die gesamte Transformation der Autoindustrie hinsichtlich Digitalisierung, autonomem Fahren und Elektromobilität.

Im Hinblick auf die zuletzt veröffentlichten Indikatoren zeigt sich also zu Beginn des Sommers ein eher verhaltenes Bild der deutschen Wirtschaft ab. Mit einer zunehmenden Verbesserung der Rahmenbedingungen, allen voran die Entwicklung der Inflationsrate und die damit einhergehende weniger straffe Geldpolitik, darf von stützenden Impulsen auf Seiten der Verbraucher ausgegangen werden. Kräftige Lohnzuwächse bei einem nach wie vor robusten Arbeitsmarkt können die privaten Haushalte nämlich zeitnah zu mehr Konsum anregen.

Unterstützend wirkt dabei auch die aktuelle Inflationsentwicklung: Im Juni wird die Inflationsrate auf etwa 2,2% geschätzt und befindet sich damit auf dem gleichen Niveau wie im April und zeigt einen leichten Rückgang im Vergleich zum Monat Mai. Im Hinblick auf das gesamte Jahr 2024, wird die Inflationsrate auf 2,4% geschätzt, bevor sie im nächsten Jahr mit etwa 1,8% sogar unter dem Zielwert der EZB liegen wird, so die Schätzungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Neben der Inflationsrate, die sich allmählich auf einem Level von 2% einpendelt, stellt eine wichtige Weichenstellung ebenfalls die von der EZB eingeläutete Zinswende dar, die zu verbesserten Finanzierungsbedingungen führt.

Analog dieser Entwicklung, gehen Experten davon aus, dass sich die Konjunkturerholung in Deutschland in der zweiten Jahreshälfte fortsetzt, auch wenn diese insgesamt eher schwach ausfallen dürfte. Denn bis sich die sinkenden Zinsen und der behutsame Aufschwung der Weltwirtschaft in merklichen Zuwächsen bei der deutschen Industrieproduktion niederschlagen, dürfte es noch etwas dauern.

Entsprechend variieren die aktuellen Prognosen zum deutschen Wirtschaftswachstum in 2024: So traut beispielsweise die EU-Kommission einer der stärksten Wirtschaftsmächte in der EU in diesem Jahr lediglich ein Wachstum von 0,1% zu. Das IfW Kiel und auch die Wirtschaftsweisen rechnen mit einem Plus des Bruttoinlandsproduktes von 0,2%, während die Bundesregierung selbst schätzt, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 0,3% wachsen werde. Das ifo Institut rechnet sogar mit einem Wirtschaftswachstum von 0,4%. Erst im kommenden Jahr erwarten einige Wirtschaftsexperten eine leichte Beschleunigung und prognostizieren ein Wirtschaftswachstum von etwa 1%.

Entwicklungen im Straßengüterverkehrsmarkt

Obwohl die Entwicklungen innerhalb des Straßentransportsektor grundsätzlich unmittelbar mit den wirtschaftlichen Entwicklungen einhergehen, zeigen kürzliche Umfragen innerhalb der Branche ein positiveres Bild. So verdeutlicht beispielsweise der Logistik-Indikator der Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL), dass sich nicht nur die Geschäftslage und das Geschäftsklima verbessert haben, sondern auch die Geschäftserwartungen deutlich weniger pessimistisch ausfallen als noch im Vorquartal. Auch wenn sich damit ein positives Bild abzeichnet, bleibt der Blick auf das kommende Jahr innerhalb des Straßentransportsektors sorgenvoll, was insbesondere auf die unsichere Nachfrageentwicklung zurückzuführen ist.

Entsprechend ist trotz der positiven Impulse keine wirkliche Trendwende innerhalb des Straßentransportsektors erkennbar. Eine ausbleibende Trendwende zeigt sich auch anhand der Entwicklung des Kapazitätsindizes, der monatlich von TIMOCOM bereitgestellt wird. Schon im Laufe des ersten Quartals wies dieser signifikante Kapazitätsengpässe auf, was sich aber insbesondere auf die Reduktion von LKW-Flotten zurückführen ließ. Auch per Q2 2024 zeichnet sich dieser Trend fort. So liegt das Verhältnis von Fracht zu Laderaum im Juni bei 77:23. Aktuellen Prognosen nach zu urteilen, wird sich der Anteil per Juli auf ein Niveau von 73:27 reduzieren, was eine typische Entwicklung hinsichtlich der Sommermonate darstellt.

Transportpreise verharren auf hohem Niveau

Trotz der schwierigen Marktlage verharren die Transportpreise weiterhin auf einem hohen Niveau. Zwar liegt der Dieselpreis mit 1,60€ pro Liter für die 27 europäischen Mitgliedsstaaten auf einem moderaten Level, andere Kosten aber, wie beispielsweise Fahrerkosten, steigen kontinuierlich an. Auch Mautanpassungen, wie beispielsweise jene in Belgien oder zuletzt auch in Deutschland, wo seit dem 1. Juli auch Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht mautpflichtig sind, treiben die Kosten für Straßentransportunternehmen weiter in die Höhe. Zusätzlich müssen zunehmende Investitionen in die Dekarbonisierung des Straßentransportsektors entsprechend eingepreist und seitens der Auftraggeber übernommen werden. 

Die Marktlage zusammengefasst

Die wirtschaftliche Entwicklung zeigt weiterhin eine komplexe Dynamik mit gemischten Signalen aus verschiedenen Sektoren. Der Einkaufsmanagerindex und der Ifo-Geschäftsklimaindex, zwei wichtige Indikatoren für die Wirtschaftslage, deuten auf anhaltende Herausforderungen bei der Überwindung der Wirtschaftsstagnation hin. Dennoch gibt es Anzeichen für eine allmähliche Erholung. Die Nachfrage sollte, dank niedrigerer Inflation und höherer Löhne, zunehmend ansteigen - die Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank stützt diese Entwicklung. Entsprechend ist zu erwarten, dass die Wirtschaft, die bisher unterdurchschnittlich expandiert hat, vermehrt in Schwung kommen wird.

Ausblick auf die weitere Entwicklung

Auch wenn der Ausblick auf die Jahre 2024 und 2025 vorsichtig optimistisch ist, sind bestehende Risiken, wie der Handelsstreit mit China, die Ungewissheit der politischen Machtverhältnisse in Frankreich und die anhaltenden geopolitischen Spannungen im Nahen Osten nicht außer Acht zu lassen. Diese können negative Auswirkungen auf den Außenhandel haben und auch die rückläufige Entwicklung der Inflation deutlich abbremsen, sollten beispielsweise die Energiemärkte negativ beeinflusst werden. Ungeachtet dieser Risiken, wird erwartet, dass die Konjunktur von Wachstumsimpulsen gestützt und damit ein moderater Anstieg verzeichnet werden dürfte.

Im Rahmen des nächsten Updates, welches Anfang Oktober 2024 erscheint, werden die Marktgeschehnisse des dritten Quartals 2024 und die damit einhergehenden Implikationen auf den Straßentransportmarkt beleuchtet, um weiterhin eine offene und transparente Kommunikation sicherzustellen, die für DHL Freight oberste Priorität hat.

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