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Keimzelle der Zukunft?

Alternative Antriebstechniken leiden unter einem gemeinsamen Problem: Das Missverhältnis zwischen Reichweite und Fülldauer des Energiespeichers. Eine Lösung kann die Brennstoffzelle sein. Den ersten serienreifen Lkw bringt voraussichtlich Nikola Motors auf den europäischen Markt.

Dass der Verbrennungsmotor mittel- und langfristig noch die Rolle spielt, die er heute einnimmt, glaubt eigentlich niemand mehr. Zu offensichtlich die Folgen des Klimawandels, zu drängend der Ruf nach Fahrzeugen mit alternativen Antriebsformen. Und im Kleinen sind E-Antriebe ja längst Alltag, ein Blick auf die Erfolgsgeschichte des StreetScooters reicht als Bestätigung. Der vom gleichnamigen Unternehmen, einer hundertprozentigen Tochter der Deutsche Post DHL Group, produzierte E-Transporter ist aktuell Marktführer im Bereich elektrischer Nutzfahrzeuge in Deutschland. Die Reichweite von bis zu 200 Kilometern ist für das Aufgabengebiet des 2,5-Tonners völlig ausreichend, über Nacht wird der Akku geladen.

Jedes Mal nach einer so kurzen Strecke wieder acht bis zehn Stunden stehen zu bleiben, ist für schwere Lkw im Fernverkehr natürlich undenkbar. Und größere Akkus sind aufgrund ihres Eigengewichts derzeit unwirtschaftlich, nach Berechnungen von Ingenieuren der Carnegie Mellon University würde eine Batterie für 1.000 Kilometer Reichweite etwa 16 Tonnen auf die Waage bringen. Die Alternative: Brennstoffzellen.

Aus Wasser wird Energie

Der Nikola Tre soll mit einer Tankfüllung bis zu 1.200 Kilometer weit fahren. [Foto: Nikola Motor Company]
Der Nikola Tre soll mit einer Tankfüllung bis zu 1.200 Kilometer weit fahren. [Foto: Nikola Motor Company]

In diesem Energiewandler sehen Experten die Zukunft. Der bei der Oxidation von Wasserstoff und Sauerstoff gewonnene Strom treibt das Fahrzeug an oder lädt den Akku fast in Echtzeit wieder auf. Das Problem ist die Handhabung: Die Lagerung von Wasserstoff mit der nötigen hohen Energiedichte erfordert entweder eine extreme Tiefkühlung oder hohen Druck. Das setzt entsprechend aufwändige Tankstellen voraus und stellt eine ganz eigene Herausforderung für die Fahrzeugbauer dar. Einer der Pioniere auf diesem Gebiet ist Nikola Motors aus Salt Lake City, USA.

Start mit über 1.000 PS

Firmengründer Trevor Milton hätte sein Unternehmen gerne Tesla genannt – nur hatte sich Elon Musk den Nachnamen des Elektropioniers bereits als Marke gesichert. Milton benannte sein Unternehmen dann einfach nach dem Vornamen des Physikers: Nikola. Ins Rampenlicht trat das Unternehmen Ende 2016 Mit dem Nikola One, einem Brennstoffzellen-Lkw mit 1.000 PS. Nach derzeitiger Planung soll der One 2021 Produktionsreife erlangen.

Nikola Tre für Europa

Der One wurde für den US-Markt entwickelt, Kunden in Europa und Asien haben ganz andere Anforderungen. Dort sind Lkw im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten vornehmlich mit Unterflurmotor unterwegs, bei denen der Antrieb unter der Kabine liegt. Daher stellt Nikola im April auf der Hausmesse Nikola World in Phoenix, Arizona, den Nikola Tre vor, den ersten schweren Lkw ohne Schadstoffausstoß für den europäischen Markt.

Der schwere Sattelschlepper hat eine Reichweite von bis zu 1.200 Kilometern. Je nach Konfiguration ist eine Leistung von 500 bis 1.000 PS und eine Reichweite von 500 bis 1.200 Kilometern vorgesehen. Die Energie für die Elektromotoren kommt aus Lithium-Ionen-Batterien, die eine mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle mit Strom versorgen. Der Tankvorgang wird bei einem Druck von 700 bar rund 20 Minuten dauern.

An europäischen Vorgaben orientiert

Bei der Entwicklung halten sich die Amerikaner an die aktuellen Größen- und Längenbeschränkungen für Europa. Bremsen, Lenkung und auch die Brennstoffzelle sowie die Akkus sollen redundant ausgelegt werden, weil dies für eine echte Level-5-Autonomie notwendig sei, kündigte Trevor Milton mit Blick auf die zukünftigen Entwicklungen im Bereich Autonomes Fahren an. Bis zur Serienreife müssen sich umweltbewusste Kunden jedoch noch ein wenig gedulden. Ab 2020 soll der Lkw in Norwegen getestet und ab 2022 oder 2023 in Serie gehen.


Der in diesem Film vorgestellte Nikola Two ist für den amerikanischen Markt bestimmt. [Quelle: youtube/Lockt Tube]

Infrastruktur? Einfach selber machen

Problematisch ist in Europa unter anderem noch die Infrastruktur, es gibt viel zu wenig Wasserstofftankstellen. Für den Hersteller Grund genug, selbst Hand anzulegen. Zum schnelleren Aufbau eines Versorgungsnetzes hat Nikola eine Kooperationsvereinbarung mit der norwegischen Nel Hydrogen getroffen. Zum Serienstart des Tre sollen erste Wasserstofftankstellen in Europa eröffnen, bis zum Jahr 2030 will man „einen Großteil des europäischen Marktes abdecken.“ Trotz der Herausforderungen ist Kim Brady, CFO von Nikola Motors, optimistisch: „Wir haben viel Arbeit vor uns, aber mit den richtigen Partnern können wir das schaffen.“

Die Brennstoffzelle – eine alte Idee

Der Wasserstoff reagiert in der Brennstoffzelle mit Sauerstoff – es kommt zur Oxidation. Dabei entsteht elektrische Energie für den Motor. Als Nebenprodukt dieser chemischen Reaktion entsteht lediglich sauberer Wasserdampf. Die Idee dazu ist rund 180 Jahre alt: Der walisische Physiker und Jurist Sir William Grove fand heraus, dass sich der Prozess der Elektrolyse, bei der Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt wird, auch umkehren lässt. Bereits 1839 präsentierte er eine „galvanische Gasbatterie“, die durch Oxidation von Wasserstoff und Sauerstoff Strom erzeugte. In den 1950er-Jahren wurden Brennstoffzellen in U-Booten eingesetzt, in den 1960ern in der Raumfahrt. Anfang der 1990er- Jahre nahm die Entwicklung von Brennstoffzellen- und Wasserstoffahrzeugen Fahrt auf. Mittlerweile haben nahezu alle großen Automobilhersteller eigene Entwicklungen vorgestellt.

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