Quick Commerce steht für bequeme Online-Bestellung und schnelle Lieferung innerhalb einer Stunde nach Bestelleingang. Immer mehr Branchen prüfen, ob und wie Quick Commerce dazu beitragen kann, steigende Kundenerwartungen zu erfüllen. Für wen sich Quick Commerce lohnt und welche logistischen Herausforderungen der Trend mit sich bringt, lesen Sie hier.
Das Wichtigste in Kürze
E-Commerce hat im 21. Jahrhundert den traditionellen Versandhandel beschleunigt und der Quick Commerce – deutsch: schneller Handel – schaltet nun die Turbostufe. Das zeichnet Quick Commerce oder Q-Commerce aus:
- Schnelle Lieferung (im Idealfall in weniger als einer Stunde)
- Auslieferung aus dezentralen Mikro-Fulfillment-Centern (sogenannte Dark Stores)
- Begrenztes Warensortiment (Fokus auf schnelldrehende Artikel)
- An Ballungsräume angepasste Lieferfahrzeuge (Zweiräder, Klein[st]transporter)
Quick Commerce und seine Bedeutung für die Logistik
Quick Commerce betrifft den B2C-Sektor und insbesondere das letzte Glied der logistischen Wertschöpfungskette: die letzte Meile. Quick Commerce erfordert den Aufbau von Dark-Store-Netzen, die speziell auf die Bedürfnisse der jeweiligen Branche zugeschnitten sind. Auch der Fuhrpark muss auf die Anforderungen einer schnellen Zustellung in urbanen Räumen abgestimmt sein. Last but not least: Die einzelnen Prozessschritte müssen für eine Schnellstlieferung präzise ineinandergreifen. Hochqualitatives Prozessmanagement ist das A & O im Quick Commerce.
Quick Commerce in der Zusammenfassung
Eine einheitliche Quick Commerce-Definition gibt es nicht, aber Quick Commerce lässt sich als nächste Generation des E-Commerce beschreiben mit einer besonders schnellen Lieferung von Produkten. Wie beim E-Commerce findet die Kaufabwicklung ausschließlich online statt. Die Produkte werden binnen einer oder maximal weniger Stunden nach der Bestellung geliefert. Dies ist nur über kurze Lieferdistanzen möglich und meist nur in Ballungsräumen wirtschaftlich darstellbar. Für den Quick Commerce ist ein Netz von dezentralen Lagern erforderlich, die ein begrenztes Sortiment an vorzugsweise schnelldrehenden Artikeln vorhalten.
Quick Commerce in Gegenwart und Zukunft
Als Ergänzung zum stationären Handel in urbanen Gebieten datiert die Einführung des Quick Commerce auf die Zeit vor der Corona-Pandemie. Damals ging es darum, das Kerngeschäft um die schnelle Haustürlieferung von Gütern des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel oder Drogerieartikel zu ergänzen. Der spätere Aufstieg des Quick Commerce ist aber eng mit der Pandemie verbunden.
COVID-19-Pandemie als Treiber des Quick Commerce
Durchgesetzt hat sich der Quick Commerce nämlich erst mit den Lockdowns, die zu einem explosionsartigen Anstieg der Online-Bestellungen geführt haben. Dadurch ist der Markt für Quick-Commerce-Lösungen in städtischen Gebieten sehr stark gewachsen. Dieser Trend dürfte sich global fortsetzen. Quick Commerce für die Lieferung von Lebensmitteln ist mittlerweile in den meisten städtischen Gebieten der Welt verfügbar, teils durch etablierte Einzelhändler selbst, teils durch reine Quick Commerce-Anbieter.
Nicht jede Branche ist für Quick Commerce geeignet
Quick Commerce ist nicht auf jedes Geschäftsmodell oder Produktsegment anwendbar. Weitgehend ausgeschlossen sind beispielsweise der B2B-Bereich sowie ländliche Regionen, in denen sich das Quick-Commerce-Konzept schlicht nicht rechnet: Die geringe Bevölkerungsdichte mit der damit verbundenen geringeren Nachfrage und die notwendige Dark-Store-Infrastruktur lassen sich betriebswirtschaftlich nicht in Einklang bringen.
Darüber hinaus sind Gewicht und Größe der Produkte einschränkende Parameter für Quick Commerce. Große Produkte wie Möbel oder Flatscreens erfordern größere Lagerflächen, als sie in typischen Dark Stores zur Verfügung stehen, und auch der Transport ist nur mit größeren Fahrzeugen möglich. Zudem stellt sich die Frage, ob die Kosten für die notwendige permanente Lagerhaltung von nicht schnelldrehenden Produkten, für die keine konstant hohe Nachfrage besteht, in einem gesunden Verhältnis zum Umsatz stehen.
Quick Commerce könnte sich daher in Zukunft vor allem für Branchen lohnen, bei denen es in erster Linie um schnelle Verfügbarkeit geht. Dies könnte außer den Lebensmittel- und Drogeriebereich beispielsweise die Versorgung mit Medikamenten betreffen.
Chancen und Herausforderungen des Quick Commerce
Im Zeitalter des E-Commerce lässt sich die Kundenbindung nicht nur durch eine hohe Qualität der Produkte, sondern auch durch eine positive Erfahrung bei der Lieferung erreichen. Ein problemloses Online-Einkaufserlebnis innerhalb einer Stunde von der Bestellung bis zur Lieferung hilft Unternehmen, neue Kundschaft zu gewinnen und zu halten.
Der Übergang zum Quick Commerce birgt jedoch auch Risiken, die nicht unterschätzt werden sollten. Die Umstellung ist kostspielig, was Flotte, Personal und Infrastruktur betrifft. Außerdem muss die nachgefragte Ware immer in der richtigen Menge zur Verfügung stehen. Und schließlich müssen Lieferstandards konstant aufrechterhalten werden: Wenn ein Unternehmen verspricht, die Kundenerwartungen in Bezug auf eine reibungslose Lieferung innerhalb kürzester Zeit zu erfüllen, kann es zu Wettbewerbsnachteilen und Relevanzverlust kommen, wenn das Versprechen auch nur einmal nicht eingehalten wird.
Quick Commerce in Deutschland: Ein Lehrstück für Start-ups
Dass nicht alles Gold ist, was glänzt, zeigt sich in Europa und speziell im größten europäischen Verbrauchermarkt: In Deutschland ist von den im Lebensmittelbereich ursprünglich drei Quick-Commerce-Anbietern nur noch einer übrig. Die Personalkosten und die Mieten für die innerstädtischen Dark Stores dürften nach der Corona-Pandemie in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zu den Bestellmengen gestanden haben. Auch aus anderen Märkten wie Frankreich, Italien, Spanien oder Portugal haben sich bekannte Player zurückgezogen.
Eines ist klar: Um den Quick-Commerce-Aufwand gegenzufinanzieren, müssen die Verkaufspreise für schnell gelieferte Produkte in der Regel deutlich über dem Ladenpreis im stationären Handel liegen – oder die Liefergebühren müssen entsprechend angepasst werden. Bevor Unternehmen Quick-Commerce-Lösungen in einem neuen Marktumfeld implementieren, ist daher immer eine genaue Marktanalyse mit Nachfrageprognosen erforderlich: Es muss sich eine tendenzielle Bereitschaft der Verbraucherinnen und Verbraucher in einem bestimmten Markt erkennen lassen, für Quick Commerce entsprechend mehr zu bezahlen.
Quick Commerce und die Zukunft der Logistik
Wir bei DHL Freight erwarten, dass trotz regionaler Anlaufschwierigkeiten auf globaler Ebene viele Einzelhändler für schnelldrehende Waren und sogar Unternehmen, die mit Luxus- und Spezialgütern handeln, ihren Kunden Quick-Commerce-Optionen anbieten werden. Angesichts dieses Trends haben Unternehmen zwei mögliche Strategien, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Sie können entweder mit einem Logistikdienstleister und Quick-Commerce-Anbieter zusammenarbeiten oder ihre eigene interne Quick-Commerce-Lösung im Sinne von First-Party-Logistics entwickeln.
In beiden Szenarien müssen die Supply-Chain-Teams antizipieren, wie sich ihre Lieferketten nicht nur auf der letzten Meile, sondern auch in den vorgelagerten Supply-Chain-Segmenten verändern, um einen erfolgreichen Quick Commerce zu ermöglichen. Wenn die Voraussetzungen für die Einführung gegeben sind, ist Quick Commerce die logistische Paradedisziplin für ein herausragendes End-to-End-Kundenerlebnis. Voraussetzung dafür sind eine effiziente Bestandskontrolle, eine effektive Bedarfsplanung sowie eine funktionale Dark-Store-Distribution und optimierte Lieferrouten. Diese Herausforderungen machen eigene kompetente Logistikteams oder erfahrene Logistikdienstleister zu wichtigen Differenzierungsfaktoren für Unternehmen.