In der November-Ausgabe der DHL Road Freight Market News stehen die europäische Wirtschaftsentwicklung zum Beginn des vierten Quartals und deren Auswirkungen auf den europäischen Straßengütertransportmarkt im Fokus. Weitere Informationen zu den Entwicklungen im vergangenen Monat finden Sie wie immer in unserer letzten Ausgabe.
Inflationsbedingte Kaufkraftverluste und wirtschaftliche Ungewissheit belasten Konjunktur weiterhin erheblich
Die globale Wirtschaft steht weiterhin vor großen Herausforderungen. Der Ukraine-Krieg, die mit ihm verbundene Energiekrise und die dadurch stark befeuerte Inflation haben 2022 zu einem europaweiten Kaufkraftverlust geführt. Im Euroraum lag der letzte von Eurostat, dem Statistischen Bundesamt der Europäischen Union, veröffentlichte Wert für die jährliche Inflationsrate im Oktober 2022 bei 10,7 Prozent. Die höchsten jährlichen Raten wurden dabei in Estland (22,4 Prozent), Litauen (22,0 Prozent) und Lettland (21,8 Prozent) gemessen. In Deutschland lag die Inflationsrate zuletzt bei 11,6 Prozent und damit so hoch wie seit 1951 nicht mehr.
Vor dem Hintergrund der weiter steigenden Inflationsraten, hat die Europäische Zentralbank (EZB) Ende Oktober den nächsten größeren Zinsschritt beschlossen. Entsprechend wurde zum dritten Mal in Folge der Leitzins im Jahr 2022 erhöht - von 1,25 auf 2,0 Prozent. Ob dieser Schritt einen hinreichenden Effekt zeigt, bleibt abzuwarten. Denn die EZB rechnet damit, dass sich die Wirtschaft der Euroländer in den nächsten Monaten weiter abschwächen wird und behält sich daher ausdrücklich weitere Zinsmaßnahmen vor.
Entgegen des weiterhin signifikanten Anstiegs der jährlichen Inflationsraten in der EU, scheint sich das europäische Wirtschaftswachstum im Oktober etwas stabilisiert zu haben. So prognostiziert S&P Global (früher IHS Markit) im Oktober für Europa ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von ca. 3,2 Prozent in diesem Jahr. Dies entspricht einem Anstieg des europäischen Wirtschaftswachstums von etwa 0,4 Prozentpunkten im Vergleich zum September. Eine leichte wirtschaftliche Stabilisierung verzeichnet sich besonders in Europas größten Volkswirtschaften: Deutschland, Frankreich und Spanien, welche zuletzt eine deutliche Schrumpfung ihrer Wirtschaftsleileistung zum Ende des Jahres vermuten ließen. Gegensätzlich zu den Erwartungen vieler Ökonomen, behauptet sich die Wirtschaft damit weiterhin trotz schwieriger weltwirtschaftlicher Rahmenbedingungen mit anhaltender Corona Pandemie, gestörten Lieferketten, steigenden Preisen und dem Krieg in der Ukraine.
Dabei ist stark davon auszugehen, dass die Nachhalleffekte mit dem Ende der strikten Corona Maßnahmen und die verschiedenen wirtschaftlichen Entlastungspakete die negativen Auswirkungen des Ukraine Kriegs sowie des Energiepreisanstiegs bislang überkompensiert haben. Somit gestaltet sich der Ausblick auf das Jahresende auch dank der wirtschaftsstarken ersten beiden Quartale etwas positiver als zuletzt. Dennoch belasten die hohen Energiepreise alle Wirtschaftszweige erheblich, allen voran die energieintensive Industrie, innerhalb derer die Geschäftserwartungen als auch die Produktionspläne signifikant rückläufig sind.
Ungeachtet der geringfügig verbesserten Konjunkturerwartungen, von denen bspw. das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung berichtet, bleibt die Stimmung in der Wirtschaft weiter düster, gerade im Hinblick auf das kommende Winterhalbjahr. Den Daten von S&P Global nach zu urteilen steht die Euro-Wirtschaft am Beginn des vierten Quartals 2022 vor einer Wachstumsverlangsamung oder sogar drohenden Schrumpfung. Vor allem die deutsche Wirtschaft gibt Anlass zur Sorge, so Ökonomen.
So führen allerdings nicht nur wirtschaftliche Faktoren zu einer potentiellen Rezession, die europäische Konjunktur wird ebenfalls von einem potentiell drohenden Corona-Hochlauf im Winter unter Druck gesetzt. Drohende hohe Krankenstände stellen eine zusätzliche Belastung für die Branchen dar, die ohnehin schon vom Fachkräftemangel gebeutelt sind. Außerdem würden erneute Lockdowns eine weitere große Herausforderung für die globalen Lieferketten und die damit verbundene Produktion bedeuten. Allerdings stellen die geschrumpfte Wahrscheinlichkeit einer Gasmangellage über den Winter sowie die gesunkenen Großhandelspreise für Gas bei deutschen Ökonomen Grund zu Hoffnung auf eine relativ flache Rezession dar.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass sich die europäische Wirtschaft im Oktober vorübergehend stabilisieren konnte, aber davon auszugehen ist, dass diese Entwicklung eher eine kurze Verschnaufpause als einen langfristigen Trend darstellt. Sichere Prognosen für den Winter scheinen angesichts der umfangreichen, wirtschaftlichen Ungewissheit zum aktuellen Zeitpunkt schwierig.
Wirtschaftliche Ungewissheit schlägt sich zunehmend auch in Indikatoren für den europäischen Straßengüterverkehr nieder
Die stetig steigende Preisinflation sowie die allgemeine wirtschaftliche Ungewissheit schlagen sich nun auch zunehmend im Transportlogistik-Sektor nieder. So berichten etablierte Teilnehmer am Road-Freight-Markt für das dritte Quartal von einer rückläufigen Nachfrage an logistischen Dienstleistungen und prognostizieren darüber hinaus dass sich diese Entwicklung zunächst fortsetzen wird. Verdeutlicht wird der Nachfragerückgang auch im Kapazitätsindex von TIMOCOM. So wird für den Oktober von einem Verhältnis von Frachten zu angebotenem Laderaum von 72:28 berichtet. Das Niveau der traditionell ruhigeren Sommermonate, September (78:22 ) und August (73:27), wird dabei untypischerweise sogar leicht unterschritten. Auch wenn dies für eine allgemeine Entspannung des Kapazitätsangebots im Markt spricht, bleibt die Engpasssituation weiterhin bestehen.
Dies wird auch anhand der weiter steigenden Transportpreisen reflektiert, die sich seit Sommer letzten Jahres auf einem anhaltend hohen Niveau befinden. Getrieben wird diese Entwicklung insbesondere durch den Dieselpreis. Im Vergleich zum September ist dieser um ganze 13 Cent pro Liter angestiegen: Für den Oktober 2022 gibt Eurostat einen gewichteten durchschnittlichen Dieselpreis von 1,97 Euro pro Liter für die 27 europäischen Mitgliedsstaaten an. Somit befindet sich der Dieselpreis in der Europäischen Union auf dem Rekordniveau von Juni und Juli (2,00/ 1,95 Euro pro Liter). Mit diesem Anstieg geht auch eine weitere Zunahme des Preisdrucks auf die Spediteure einher. Es bleibt abzuwarten wie sich die Situation im Verlauf der diesjährigen Peak Season entwickeln wird und inwieweit die Kosten für den Straßengüterverkehr weiter ansteigen werden. Grundsätzlich ist jedoch von einem zunehmend heraufordernden Marktumfeld, mit ungewissen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, auszugehen.
Große Herausforderungen verlangen nach flexiblen Lösungen. Trotz der Unsicherheiten und Unberechenbarkeit in der Krise, können Sie sich darauf verlassen, dass DHL Freight die Geschehnisse im Markt und mögliche Einflüsse auf den Markt weiterhin sehr aufmerksam und kontinuierlich verfolgt sowie bewertet, um die notwendigen Schlüsse für das Frachtgeschäft zu ziehen: zielführende Maßnahmen für eine adäquate Qualität.
Momentan können sich die Voraussetzungen für alle Marktteilnehmer sehr schnell ändern. Gerade in solchen Zeiten hat eine offene und transparente Kommunikation für DHL Freight die oberste Priorität. Deshalb wird das nächste Update mit Details zur Entwicklung im Straßentransportmarkt im November wieder zu Beginn des kommenden Monats erscheinen.