Industriegesellschaften sind auf gefährliche Güter angewiesen – und auf deren Transport. Beim Gefahrguttransport ist die oberste Priorität, dass die Gesundheit von Menschen und die Umwelt geschützt und Gefahren für die öffentliche Sicherheit abgewendet werden. Deshalb gibt es für den sicheren Transport solcher Güter internationale Regeln. Die wichtigsten stellen wir hier vor und verraten Ihnen, was Sie als Unternehmen beachten müssen.
Was gilt als Gefahrgut?
Welche Güter als gefährliche Güter zu deklarieren sind, fasst der deutsche Gesetzgeber recht allgemein: „Stoffe und Gegenstände, von denen auf Grund ihrer Natur, ihrer Eigenschaften oder ihres Zustandes im Zusammenhang mit der Beförderung Gefahren […] ausgehen können.“
Grundlage dieser Definition und aller weiteren internationalen und nationalen Regularien zum Gefahrguttransport sind die UN Recommendations on the Transport of Dangerous Goods, also die „UN-Empfehlungen zum Gefahrguttransport“. Hier werden die Gefahrgüter näher spezifiziert. Diese UN-Definitionen sind die Grundlage für nähere Bestimmungen auch in Europa und in Deutschland.
Die neun UN-Gefahrgutklassen
In den UN-Recommendations werden Gefahrgüter in neun Klassen unterteilt, die teilweise in weitere Untergruppen gegliedert sind (Klassen 4, 5 und 6). Wer solche Güter transportiert, muss gesetzliche Transportvorschriften einhalten und das Gefahrgut kennzeichnen. Gebräuchliche Gefahrgüter haben eine vierstellige UN-Nummer, über die sie international identifiziert werden können. Für weitere Stoffe werden individuelle Codes verwendet.
1. Explosive Stoffe und Gegenstände mit Explosivstoff
2. Gase und gasförmige Stoffe
3. Entzündbare flüssige Stoffe
4.1 Entzündbare feste Stoffe, selbstzersetzliche Stoffe und desensibilisiert explosive feste Stoffe
4.2 Selbstentzündliche Stoffe
4.3 Stoffe, die in Berührung mit Wasser entzündbare Gase bilden
5.1 Oxidierende (entzündend wirkende) Stoffe
5.2 Organische Peroxide
6.1 Giftige Stoffe
6.2 Ansteckungsgefährliche Stoffe
7. Radioaktive Stoffe
8. Ätzende Stoffe
9. Verschiedene gefährliche Stoffe und Gegenstände
Es geht daher um Transportgut, das Explosionen auslösen kann (wie bspw. Sprengstoffe oder Munition), um brennbare Flüssigkeiten (wie z. B. Benzin) oder auch um entzündliche Gase. Selbstentzündliche Stoffe sind z. B. weißer oder gelber Phosphor oder Aluminiumstaub. Beispiele für Stoffe, die bei Kontakt mit Wasser entzündbare Gase entwickeln, sind Kalium oder Natrium. Zu den entzündend wirkenden Stoffen zählen hochkonzentrierte Wasserstoffperoxid-Lösungen, Chlorate oder Nitrate. Auch Lithium-Ionen-Akkus sind Gefahrgüter und zählen zur Klasse 9. Unabhängig von der Brand- und Explosionsgefahr gefährden viele gefährliche Stoffe das Trinkwasser und Gewässer.
Regelwerke für den Gefahrguttransport
Um die UN-Empfehlungen, die über die bloße Definition der Gefahrstoffe weit hinausgehen, immer und überall umzusetzen, gibt es internationale und europäische Verordnungen:
- Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR)
- Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf Binnenwasserstraßen (ADN)
- Ordnung über die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID)
- Für den Luftverkehr: International Air Transport Association – Dangerous Goods Regulation (IATA-DGR)
- Für Seefracht: International Maritime Dangerous Goods Code (IMDG-Code)
Nationale Vorgaben in Deutschland
Diese internationalen und europäischen Regelwerke werden jeweils ergänzt durch nationale Bestimmungen. In Deutschland gilt das Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter – aus dem oben schon zitiert wurde – und es sind die Verordnungen über die innerstaatliche und grenzüberschreitende Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, mit Eisenbahnen und auf Binnengewässern (GGVSEB) in Kraft, sowie die Verordnungen über die Beförderung gefährlicher Güter mit Seeschiffen (GGVSee).
Auf welche Art und Weise darf Gefahrgut transportiert werden?
Aus den zahlreichen Regelwerken ist schon zu erkennen: Gefahrgut kann grundsätzlich mit jedem Verkehrsträger transportiert werden – Straße, Schiene, Luft, See- und Binnenschifffahrt. Dabei gelten jeweils spezifische Regeln. Oberstes Gebot ist in jedem Fall, dass die Umwelt vor dem Gefahrgut durch eine adäquate Verpackung geschützt ist. Im Fachjargon heißt das Gefahrgutumschließung. Der Grundsatz ist: Je gefährlicher der Inhalt, desto sicherer muss die Gefahrgutumschließung sein – das reicht von Spezialsäcken für selbsterhitzungsfähigen gemahlenen Kautschuk bis hin zum Castor-Behälter für Atommüll.
Aus Sicherheitsgründen haben bei bestimmten Stoffen die Schiene und das Schiff Vorrang vor dem Transport von Gefahrgut per Lkw. So dürfen auf der Straße besonders gefährliche Güter gemäß GGVSEB (z. B. bestimmte Sprengstoffe, Flusssäure oder Propan) nur dann befördert werden, wenn der Transport mit Bahn oder Binnenschiff nicht möglich ist. Hierüber ist ein amtlicher Nachweis beim Eisenbahn-Bundesamt oder der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt zu erbringen.
Was müssen Unternehmen wissen, die Gefahrgut transportieren möchten?
Wer mit Gefahrgütern umgeht und diese außerdem befördern will, muss die gültigen gesetzlichen Bestimmungen genau kennen. Denn: Wer gegen Gefahrgutvorschriften verstößt, muss mit empfindlichen Geldbußen rechnen. Bei besonders schwerwiegenden Verstößen sind sogar Haftstrafen möglich. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Gefahrstoff-Klassifizierung, der Verpackung und Kennzeichnung des Gefahrguts, der Ausrüstung und der Überprüfung der eingesetzten Fahrzeuge sowie der Ausbildung des Personals.
Personalschulung
Alle Personen, die mit dem Transport gefährlicher Güter beschäftigt sind, müssen ihrer individuellen Aufgabe entsprechend geschult sein und unterliegen besonderen Sicherheitspflichten die in ADR/ADN/RID und der GGVSEB vorgeschrieben sind. Beispielsweise müssen Lkw-Fahrer in Deutschland zum Gefahrguttransport eine von der Industrie- und Handelskammer anerkannte Schulung absolvieren, um den ADR-Schein für Gefahrgutfahrer zu erhalten. Fahrer von Tankwagen und von explosiven oder radioaktiven Stoffen benötigen z. B. in Deutschland sogar eine gesonderte Ausbildung. Ähnliche Vorschriften gelten jeweils für Mitarbeitende in der (Binnen-)Schifffahrt und für den Flugverkehr.
Gefahrgutbeauftragte
In deutschen Unternehmen der Gefahrgut-Logistik gibt es die Pflicht, mindestens einen Gefahrgutbeauftragten zu ernennen. Dieser überwacht, ob alle Gefahrgutvorschriften eingehalten werden. Auch Gefahrgutbeauftragte bedürfen einer besonderen Schulung, die unter anderem in der Gefahrgutbeauftragten-Verordnung (GbV) geregelt wird.
Ausrüstung
Nur zugelassene und kontrollierte Fahrzeuge und Verpackungen dürfen zum Einsatz kommen. Auch was die Schutzausrüstung des Personals betrifft, gibt es in ADR oder GGVSEB klare Vorschriften. Dazu gehören etwa Warnwesten, Warnleuchten, ein ABC-Feuerlöscher, Atemschutzgeräte oder Vorrichtungen zum Kanalisationsschutz. Die konkreten Bestimmungen hängen von der jeweiligen Gefahrgutklasse der Ladung ab.
Und natürlich müssen auch die Umschlagplätze wie die Logistikzentren besonders hohe Sicherheitsstandards erfüllen. Hier sind unter anderem die Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen und besondere Brandschutzbestimmungen einzuhalten.
Kennzeichnungspflicht
Die Notwendigkeit der Kennzeichnung des Transportguts ist leicht nachvollziehbar: Nicht nur die Transportbeteiligten, sondern auch Rettungskräfte müssen immer genau und schnell erkennen können, was genau befördert wird. Dazu gibt es international einheitliche Zeichen, Warntafeln, Aufkleber und Zettel. Über diese Kennzeichnung, die auch die UN-Nummer aufweist, ist die Gefahrenklasse erkennbar. Trotz der internationalen Gültigkeit der Kennzeichnung ist ein Merkblatt in der amtlichen Landessprache des Landes, in dem der Transport stattfindet, mitzuführen. Auf diesem werden die Gefahrgüter und die notwendigen Schutzvorkehrungen nach etwaigen Unfällen beschrieben.
Die Kennzeichnung am Fahrzeug muss witterungsbeständig sein und sich farblich absetzen. Auch die Versandstücke selbst bedürfen einer Kennzeichnung in Form eines auf der Spitze stehenden Quadrats in der Größe von mindestens 100x100 Millimetern. Die einzelnen Gefahrgutkennzeichnungen können über die Website des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr heruntergeladen werden.
Der neue DHL-Standort Erlensee
In Erlensee im Großraum Frankfurt am Main hat DHL Freight 2022 eine neue Logistikanlage in Betrieb genommen. Mit diesem neuen Standort erweitert DHL Freight nicht nur sein europäisches Stückgutnetzwerk, sondern schafft auch ein hochmodernes Lager für Spezialchemie und andere Produktionsstoffe – wichtige Infrastruktur für eine sichere Gefahrgut-Logistik.
Das Gefahrstofflager in Erlensee wird den höchsten Sicherheitsstandards und allen gesetzlichen Vorgaben gerecht. Auf einer Fläche von rund 10.000m2 bietet es Platz für bis zu 12.500 t Gefahrstoffe unterschiedlicher Klassen. Modernste Sprinkler- und CO2-Löschtechnik sorgen im DHL-Freight-Lager für optimalen Brandschutz. Die Sprinkleranlagen entsprechen der hohen Brandgefahrenklasse High Hazard Storage (HHS3).
Als führender Logistikexperte sind wir oftmals eine der ersten Anlaufstellen, wenn effiziente Lösungen für komplexe Herausforderungen gefragt sind.
Thomas Vogel, CEO DHL Freight DACH, anlässlich des Spatenstichs in Erlensee
Fazit
Der Transport von Gefahrgütern erfordert ein ausgeprägtes Know-how und eine besonders große Sorgfalt auf Seiten des Logistikdienstleisters. Eine ordnungsgemäße Abwicklung des Gefahrguttransports ist jederzeit sicherzustellen. Wenn gefährliche Stoffe bewegt werden, geht es zwar auch um die Sicherheit des Transports und der transportierten Güter – aber vor allem um den Schutz der Menschen und der Umwelt.
Gut, wenn man sich dann auf einen kompetenten Partner wie DHL Freight verlassen kann: ein Logistik-Partner mit bestens geschultem Personal, hochwertigem Fuhrpark und sicheren Logistikzentren. Die gefährlichen Güter unserer Kunden bringen wir effizient an ihren Zielort – und vor allem sicher.