Robert Weiß ist ein alter Hase. Seit zehn Jahren arbeitet er als LKW-Fahrer am Freight-Terminal in Köln. Etwas aber ist neu nach all der Zeit: Er musste sich umstellen vom gewohnten Diesel auf einen neuen elektrischen LKW. Wir haben ihn – und sein neues Fahrzeug – besucht.
Morgens um sechs Uhr herrscht Hochbetrieb im Terminal von DHL Freight im Norden von Köln. Nahezu alle 115 Tore sind besetzt, in der Halle wuseln die Mitarbeitenden geschäftig herum, Paletten über Paletten warten darauf, in LKW geladen zu werden. Robert Weiß bringt das nicht aus der Ruhe. An Tor neun bereitet er alles für seine Tour mit seinem Elektro-LKW vor.
Dieser LKW ist – nach dem Wasserstoff-LKW „Paul“ – der zweite Elektro-Truck am Standort Köln-Niehl. Robert Weiß ist sehr stolz darauf, ihn zu fahren. „Ich habe mich gefreut, als mein Chef mich gefragt hat. Das ist ja letzten Endes auch eine Auszeichnung und ein Signal, dass er mit meiner Arbeit zufrieden ist.“
Weiß beginnt seinen Arbeitstag bereits um 5.30 Uhr. Jeden Morgen holt er sich in der Disposition die Papiere für seine tägliche Tour – Lieferscheine, die ihm zeigen, was an diesem Tag wohin gebracht werden muss. Er fährt im Nahverkehr in einem Umkreis von 40 Kilometern und hat jeden Tag zwei Touren in den Kölner Stadtteil Ossendorf. Er kennt seine Kunden. So hat er seine Paletten auch schnell identifiziert, die er mit seinem E-Truck abliefern muss. Heute stehen zehn Adressen auf dem Plan. Bis hier hin unterscheidet sich sein Tagesablauf kaum von dem seiner Kollegen mit den Dieselfahrzeugen.
Das ändert sich um kurz nach halb sieben. Alles ist verstaut, die Papiere von der Dispo abgezeichnet und die Tour auf den Scanner geladen. Der Volvo FL Electric hat an der Steckdose übernachtet und ist frisch und voll aufgeladen. Es kann losgehen.
Batterieanzeige statt Tankanzeige
„Besonders für die nicht so langen Touren eignet sich der E-LKW super“, sagt Robert Weiß und dreht den Schlüssel im Zündschloss. Statt des lauten Brummens eines Diesels hört man: nichts. Und schon düst er los. Nigelnagelneu, frisch gewaschen und strahlend gelb fällt das Fahrzeug auf den Straßen direkt ins Auge. Und auch das, was fehlt, ist doch offensichtlich: „Die Menschen gucken schon, wenn ich an ihnen vorbeifahre, und wundern sich, dass sie gar nichts hören.“ Die einzigen Geräusche sind die Reibung der Reifen auf der Straße und ein leises Zischen.
Beim Einsteigen sieht man, dass sich das Führerhaus auf den ersten Blick nicht von einem „normalen“ LKW unterscheidet. Bei genauerem Hinsehen aber fällt das Display ins Auge: Batteriestandanzeige statt Tankanzeige. Der LKW hat ein Automatikgetriebe, rundum Spiegel, um alles im Blick zu haben und außen eine Art Notknopf, mit dem das System des LKW im Fall der Fälle neu gestartet werden kann.
Emissionsfrei im Jahr 2050
Erst seit März 2024 ist der neue Truck in Köln im Einsatz. Er gehört zur nachhaltigen Freight-Flotte, die mittlerweile über 500 LKW umfasst. Bis 2030 sollen 6.200 mit Null- oder Niedrigemissionstechnologie betriebene Schwerlast-LKW für DHL Freight unterwegs sein, um die CO2-Emissionen um 30 Prozent im Vergleich zum Jahr 2019 zu senken. Dies ist Hauptziel der sogenannten Dekarbonisierungsstrategie – eins der wichtigsten Freight-Vorhaben der kommenden Jahre –, bevor dann 2050 gar keine Emissionen mehr ausgestoßen werden sollen.
Dekarbonisierungsstrategie kurzgefasst:
- 2050: Null Emissionen
- 2030: Emissionen um 30 Prozent reduzieren (Vergleichsjahr 2019)
- Bis 2030: 6.200 nachhaltige Schwerlast-Fahrzeuge im Einsatz sowie 30 Prozent der Pick-up&Delivery-Flotte elektrifiziert
- Subunternehmer werden mit einbezogen
- Green Carrier Certification zeichnet nachhaltige Subunternehmer aus
- Umsetzung: Globale Task Force (Freight Operations, Strategie, Controlling, Sales, GoGreen) gemeinsam mit lokalen Teams in den Ländern
- Erste Welle seit Herbst 2023: Niederlande, Schweden, Dänemark, Finnland, Tschechien, Frankreich, Österreich, Schweiz, Deutschland
- Zweite Welle seit Sommer 2024: Spanien, Portugal, Belgien, Irland, Polen, Italien, Slowakei, Norwegen
Robert Weiß ist auf jeden Fall angetan von seinem neuen Fahrzeug. „Man hört es nicht, weil es so leise ist – das ist auch im Fahrzeug sehr angenehm. Es ist umweltfreundlich, und es beschleunigt schnell“, sagt er und ergänzt lachend: „Da wundern sich manchmal die Autofahrer, wenn ich losfahre und sie an der Ampel stehen lasse.“ Der Elektroantrieb reagiert viel unmittelbarer als ein dieselbetriebenes Fahrzeug.
Dass schon hunderte emissionsarme oder -freie Trucks für Freight fahren, ist eine tolle Leistung, und mein herzlicher Dank geht an alle Kolleginnen und Kollegen, auch bei den Servicepartnern! Wir setzen in Zukunft auf verschiedene Pferde, weil noch nicht endgültig abzusehen ist, welche Antriebstechnologie sich – auch in Abhängigkeit von der vorhandenen Ladeinfrastruktur – wie schnell durchsetzen wird.
Christoph Schönwandt, VP GoGreen DHL Freight
Bekannt wie ein bunter Hund
Als Weiß bei den Kunden vorfährt, ist die Stimmung gut. Er lädt die Ware aus, die Kunden unterschreiben auf dem Scanner, dass sie die Lieferungen erhalten haben, es wird gescherzt. „Deswegen macht mir die Arbeit auch Spaß“, erklärt er. „Wenn man eine Stammtour hat, kennt man die Leute, macht mal ein Späßchen. Das ist schon viel Wert.“
Sind alle Sendungen ausgeliefert, geht es für Weiß zurück zum Terminal. Auf der ersten Tour wird ausgeliefert, bei der zweiten holt er Sendungen beim Kunden ab. 80 bis 90 Kilometer fährt er so jeden Tag – bis zu 20.000 im Jahr. „Für den Nahverkehr ist der Volvo E-Truck perfekt. Man hat weniger Verschleiß beim Stopp-and-Go-Verkehr in der Stadt“, bestätigt Tobias Meisen, Netzwerk-Manager am Kölner Terminal. „Wir errichten zurzeit weitere Ladesäulen an unserem Standort und wollen die Elektromobilität ausbauen. Außerdem bekommen wir extrem gutes Feedback der Kunden zu unseren E-Truck und zum Wasserstoff-LKW. Der große Vorteil ist, dass sie so unmittelbar sehen, was wir in Sachen Nachhaltigkeit machen. Und unsere Fahrer, früher selbst eingefleischte Dieselfahrer, wollen jetzt nicht mehr tauschen.“
Am Nachmittag steht der Feierabend für Robert Weiß und seinem Volvo-Truck kurz bevor: Abholungen ausladen, Paletten abgeben, Papiere am Schalter abgeben und den Volvo jeden zweiten Tag an die Ladesäule stöpseln, fertig. Bald steht Urlaub an und schon jetzt drängeln sich die Kollegen, wer ihn im E-LKW vertreten kann. „Ich hoffe, sie hinterlassen mir mein Fahrzeug gut.“ Denn obwohl er erst seit März mit dem elektrischen Lastwagen unterwegs ist, sind sie schon jetzt ein eingespieltes Team.
Der Volvo FL 16,7t wird für das sogenannte Pick-up&Delivery eingesetzt.
- Zuladung: 5 Tonnen
- Leergewicht: 10 Tonnen
- Zulässiges Gesamtgewicht: 15 Tonnen
- Höchstgeschwindigkeit: 85 km/h
- Leistung: 130 kW Dauerleistung (175 PS)
- Batterien: 4
- Fahrleistung bei voller Aufladung: 180-300 km