Wer zahlt, wer haftet? Diese beiden zentralen Fragen im internationalen Frachtverkehr legen die Incoterms verbindlich fest. Und das bereits seit mehr als 80 Jahren.
Leise schwebt der Container über dem Schiff langsam Richtung Kaimauer. Was tausendmal gut geht – diesmal passiert es: Die sogenannten „Twistlocks“ rutschen aus den Eckbeschlägen des Containers. Er stürzt krachend zu Boden und verkeilt sich zwischen Kaimauer und Schiffsraum. Der hohe Sachschaden ist ein Fall für die Versicherung – nur für welche?
Dies wird im Vorfeld eines Logistikauftrags durch die International Commercial Terms, kurz Incoterms, geregelt. Sie bilden im internationalen Transportwesen die Grundlage für die Auslegung von Kauf- und Lieferverträgen. Klauseln hinsichtlich der Kosten für Logistik, Zollabwicklungen bei Ein- und Ausfuhr sowie des Gefahrübergangs sind die wichtigsten Punkte der traditionsreichen Übereinkunft.
Drastische Unterschiede bei Handelsklausen
1920 wurde in Paris das International Chamber of Commerce ICC aus der Taufe gehoben. Das erklärte Ziel lautete, die Rahmenbedingungen für den globalen Warenverkehr zu verbessern und mit entsprechenden Standards zu versehen. Das tat Not, denn: Die Handelsklauseln von 30 Staaten wiesen teilweise drastische Unterschiede auf.
Erst 1936 einigte man sich auf die erste Fassung der International Commercial Terms. Seitdem wurden sie erst acht Mal überarbeitet. Das unterstreicht, dass es sich nicht um bürokratische Schnellschüsse handelt. Vielmehr haben sich die Handelsklauseln moderat den jeweils neuen Bedingungen im Transportwesen angepasst.
In erster Linie regeln die Incoterms die Kauf- und Lieferbedingungen im internationalen Warenaustausch. Denn an einer Kaufabwicklung hängt eine Vielzahl an Parametern, die es zu berücksichtigen gilt. Etliche Aspekte müssen im Vorfeld klar sein. Beispiel Transportkosten: Wer kommt dafür auf? Der Verkäufer oder der Käufer? Oder werden sie hälftig geteilt? Beispiel Gefahrübergang: Wer trägt im Falle einer Beschädigung oder gar im Verlustfall das Risiko? Bis wann kommt für eventuelle Transportschäden die Versicherung des Verkäufers auf, ab wann ist die des Käufers Ansprechpartner?
Regeln, aber keine Gesetze
Generell sind die Incoterms keine Gesetze. Einige von ihnen gelten multimodal. Andere beziehen sich nur auf die See- und Binnenfahrt. Die Regeln können allerdings verbindlich werden, wenn beide Vertragspartner sie in ihren Kaufvertrag aufnehmen.
Seit 2020 gelten die von der International Chamber of Commerce (ICC) modernisierten Incoterms. Die ICC ist sich der Bedeutung der Regularien bewusst und hat den Namen markenrechtlich als „Registered Trademark“ schützen lassen. Bringen Sie sich auf den aktuellen Stand und laden sich unser Incoterms-White-Paper herunter! Erfahren Sie auch, welchen besonderen Nutzen die Incoterms in der Post-Brexit-Situation haben.
Die elf unterschiedlichen Codes:
- EXW: EX Works, ab Werk mit Standortangabe
- FCA: Free CArrier, frei Frachtführer mit Standort des vereinbarten Carriers
- FAS: Free Alongside Ship
- FOB: Free On Board, steht für den vereinbarten Verladehafen
- CFR: Cost and Freight, Kosten und Fracht mit Angabe des vereinbarten Bestimmungshafens
- CIF: Cost Insurance Freight, Kosten, Versicherung und Fracht bedeutet Gefahrübergang am Verschiffungshafen, Kostenübergang am Bestimmungshafen
- DAT: Delivered At Terminal, Lieferung ans vereinbarte Übergabeterminal
- DAP: Delivered At Place, geliefert an den vereinbarten Ort im Einfuhrland
- CPT: Carriage Paid To
- CIP: Carriage Insurance Paid, Fracht bzw. Fracht und Versicherung bezahlt zum vereinbarten Bestimmungsort
- DDT: Delivered Duty Paid, geliefert und Zoll bezahlt zum vereinbarten Lieferort im Einfuhrland