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Kein grosser Wurf

Verbände äußern sich zum Bundesverkehrswegeplan – Teil 1: Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V.

Der 21. März 2016 war für die deutsche Logistikbranche ein zukunftsträchtiges Datum: An diesem Tag stellte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt den Referentenentwurf des Bundesverkehrswegeplans 2030 vor. Damit liegen die Infrastrukturplanungen der Politik für die kommenden 14 Jahre auf dem Tisch. Wie bewerten Deutschlands Logistikexperten die getroffenen Entscheidungen, welche Erwartungen haben sie an die aktuell laufende Diskussionsphase? Freight Connections sprach mit zwei führenden Vertretern der deutschen Logistikwirtschaft. Im ersten Teil: Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner, Vorsitzender des Vorstandes der Bundesvereinigung Logistik (BVL).

Teil 2:

Erfahren Sie, wie der Präsident des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes, Matthias Krage, den Bundesverkehrswegeplan 2030 bewertet.

Wie bewerten Sie den Entwurf des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) 2030 insgesamt?

Als einen Schritt in die richtige Richtung, aber leider nicht als großen Wurf. Der Plan für die Jahre 2016 bis 2030 sieht mit insgesamt 226,7 Milliarden Euro durchschnittliche jährliche Investitionen in Höhe von gut 15 Milliarden vor – nach 10 bis 11 Milliarden in den vergangenen Jahren. Die Forderung der BVL aus dem Jahr 2012, die Investitionen auf 20 Milliarden Euro pro Jahr anzuheben, bleibt bestehen – und damit bleibt aus unserer Sicht eine Investitionslücke von fünf Milliarden Euro jährlich.

Ist das Verhältnis zwischen Erhalt und Ausbau der bestehenden Strukturen und der Planung neuer Verkehrswege aus Ihrer Sicht angemessen?

Knapp 70 Prozent der geplanten Investitionen sollen auf Erhaltungs- und Ersatzinvestitionen entfallen, 30 Prozent auf Neubauten. Damit werden klare Prioritäten gesetzt. Die Erhaltungs- und Ersatzinvestitionen steigen absolut von 83 auf 141,6 Milliarden. Das ist eine höchst notwendige und vermutlich längst nicht hinreichende Steigerung. Die strategische Planung und Durchführung von Neubauten gerät ins Hintertreffen. Das ist keine aktiv gestaltende Verkehrspolitik und kann den Wirtschaftsbereich Logistik nicht zufriedenstellen.

Bereits vom letzten Bundesverkehrswegeplan wurden nicht alle Projekte im vordringlichen Bedarf realisiert. Ist der Bund zu ambitioniert oder das deutsche Planungsrecht zu starr?

Zu ambitioniert kann es in Deutschland beim Thema Infrastruktur eigentlich nie zugehen. Funktionierende Verkehrswege und reibungslose Logistik sind die Voraussetzung dafür, dass die deutsche Industrie ihre Erfolgsgeschichte weiterschreiben kann. Das sichert den Wohlstand in diesem Land. Das deutsche Planungsrecht hat seine Eigenheiten – da gibt es viel Verbesserungspotenzial.

Wie beurteilen Sie die Gewichtung im Plan zwischen den einzelnen Verkehrsträgern?

Der Entscheidungsprozess über drei Szenarien, die die jeweilige Verkehrsleistung, Nachhaltigkeitsaspekte und den Haushaltsansatz 2016 berücksichtigen, erscheint interessant und nachvollziehbar. Es ist zu hoffen, dass dabei auch auf Intermodalität geachtet worden ist, den reibungslosen Übergang von einem Verkehrsträger auf den anderen, damit die Stärken der einzelnen Verkehrsträger besser genutzt werden können. Leider kommt der Begriff Intermodalität im gesamten Planungsdokument nicht vor.

Braucht der Infrastrukturausbau mehr Mittel und wenn ja, wer sollte diese aufbringen, Steuerzahler oder Nutzer?

Ja, es werden zusätzliche Mittel benötigt. Nutzerfinanzierung kann ein sehr sinnvolles Instrument sein, aber sie darf nicht auf ein bestehendes Steuersystem aufgesetzt werden. Es müssten neue Strukturen geschaffen werden. Die Steuereinnahmen entwickeln sich im Moment sehr positiv. Die Investition eines spürbaren Teiles der Mehreinnahmen in Infrastruktur wäre eine weitsichtige Entscheidung. Für die laufende Instandhaltung sollten vermehrt und systematisch Nutzerentgelte herangezogen werden – sei es über Mauterhebung oder über spezifische Abgaben.

Die Bundesvereinigung Logistik e.V.

Die Bundesvereinigung Logistik (BVL) ist ein offenes Netzwerk von Menschen, die aktiv für ein effizientes Miteinander in der globalisierten Wirtschaft eintreten. In ihr sind weltweit mehr als 10.000 Fach- und Führungskräfte aus Industrie, Handel, Dienstleistung und Wissenschaft vertreten. Sie setzt sich aktiv für die Belange der Logistik als Ganzes ein. Über ein breites Veranstaltungsportfolio und den BVL Campus macht die BVL auch Angebote für ein lebenslanges Lernen.

Ab Donnerstag erfahren Sie, wie der Präsident des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes, Matthias Krage, den Bundesverkehrswegeplan 2030 bewertet.

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