Bei den Straßenbenutzungsgebühren in Europa stehen 2018 zahlreiche Änderungen an – Tendenz leider fast immer steigend. Auf welche Neuerungen müssen sich Flottenbetreiber und Lkw-Fahrer einstellen? Hier folgt eine Auswahl wichtiger Neuregelungen in einzelnen Ländern.
Belgien
In Wallonien gibt es geänderte Mauttarife und es kommen neue Mautstrecken auf den Nationalstraßen N14, 35, 42, 43 und 73 hinzu. Dazu ist in Flandern und auf den Autobahnen von Brüssel ein spezieller Mautsatz für Euro VI-Fahrzeuge geplant. Der Unterschied zwischen Euro V- und Euro VI-Lkw liegt dann bei einem Cent. Außerdem wird die Maut auf kleine Sattelzugmaschinen von 3,5 Tonnen oder weniger der Fahrzeugkategorie N1 ausgeweitet. Für diese Fahrzeuge sind dann auch On-Board-Units (OBUs) Pflicht. Zudem drohen Änderungen bei den Bußgeldern für Mautverstöße.
Deutschland
Die Bundesrepublik weitet ihr mautpflichtiges Straßennetz erheblich aus. Zum 1. Juli 2018 kommen alle Bundesstraßen hinzu. Das macht gut 36.000 mautpflichtige Kilometer mehr. Damit umfasst das Mautnetz in Deutschland insgesamt 51.000 Kilometer Fernstraßen. Nach den Angaben von Toll Collect sind von der Neuregelung weitere rund 35.000 Unternehmen mit circa 140.000 Fahrzeugen betroffen. Zusammen mit der Neuerung wird die Mauterhebung zentralisiert. Künftig werden die 1,1 Millionen OBUs nur noch Fahr- beziehungsweise Positionsdaten und Fahrzeugmerkmale an die Zentrale übermitteln. Die Mautbeträge errechnet dann das Rechenzentrum. Die Software der OBUs wird wegen der Umstellung über Mobilfunk aktualisiert. Die Lkw müssen deshalb nicht in die Werkstatt.
Für Fahrer und Unternehmen, die selten auf deutschen Bundesstraßen unterwegs sind, gibt es neben der manuellen Einbuchung via Internet oder Mautstellen-Terminal ab Frühjahr 2018 auch eine App für die Betriebssysteme Android, iOS und Windows Phone.
Estland
Das nordeuropäische Land hat 2018 eine Maut für Lkw über 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht eingeführt. Diese gilt für das ganze Straßennetz und richtet sich nach der Achszahl, dem zulässigen Gesamtgewicht, der Schadstoffklasse und dem Zeitraum der Straßennutzung. Die Maut beträgt zwischen 9 Euro am Tag und 500 Euro im Jahr bei Lkw zwischen 3,5 und 12 Tonnen. 12 Euro am Tag und 1.300 Euro im Jahr sind es bei Lkw über 12 Tonnen.
Frankreich
In „la republique“ leben Bestrebungen wieder auf, die 2014 gekippte Ecotaxe in modifizierter Form einzuführen und zwar auf regionaler Ebene. Verkehrsministerin Elisabeth Borne erklärte im Juli 2017 gegenüber der Wirtschaftszeitung „Les Echos“, sie stehe dem Angebot einiger Regionen für bestimmte Streckenabschnitte in ihren Territorien eine Lkw-Abgabe zu testen, aufgeschlossen gegenüber. Grund für diesen Schwenk der neuen Regierung weg von der Linie der alten Administration ist fehlendes Geld für den Unterhalt der Nationalstraßen. Gegner dieser Gedankenspiele sind die großen Straßentransport- und Logistikverbände Fédération nationale des transporteurs routiers (FNTR) und L'Union des entreprises de Transport et Logistique de France (TLF). Eine Mautpflicht für ausländische Lkw auf französischen Straßen wird von ihnen allerdings akzeptiert.
Italien
Nach oben – dies ist die Richtung der Mautgebühren auf fast allen Autobahnen auf dem Stiefel. Dabei sticht die A5 zwischen Aosta und dem Mont Blanc hervor: Hier wurde die Maut nach einer gerichtlichen Entscheidung um 52,69 Prozent angehoben. Fällig werden nun 8,40 Euro statt wie bislang auf 5,60 Euro. Fällige Infrastrukturarbeiten sind die Begründung für die hohen Mautanpassungen der Milano Serravalle-Milano Tangenziali S.p.A. (13,91 Prozent) sowie im Zuständigkeitsbereich der Strada dei Parchi S.p.A., also der A24 und A25. Hier wird ein Plus von 12,89 Prozent fällig. Die Brennerautobahn wird um 1,67 Prozent teurer. Alle Erhöhungen sorgen für eine durchschnittliche Mauterhöhung gegenüber 2016 von 2,74 Prozent.
Österreich
Die Lkw-Maut steigt in der Alpenrepublik 2018 um ein Prozent. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (Asfinag) kann dadurch mit 30 Millionen Euro Mehreinnahmen rechnen, wie aus den Begutachtungsunterlagen zur Mauttarifverordnung hervorgeht. Bestehen bleibt die Entlastung für Trucks, die die Euro VI-Norm erfüllen. Für diese sind zwei Prozent weniger zu zahlen als für andere Schwerfahrzeuge. Das sorgt für eine Entlastung von insgesamt 20 Millionen Euro. Außerdem wird für diese Fahrzeuge weiter kein Beitrag für die externen Kosten der Luftverschmutzung erhoben.
Polen
Das Mautsystem viaTOLL soll verstaatlicht werden. Das beschloss die national-konservative Regierung. Branchenverbände befürchten aus diesem Grund chaotische Zustände beim Betreiber-Wechsel im November 2018.
Slowenien
Schrankenlos sieht das Mautsystem in Slowenien ab 2018 aus. Dann ist das neue Mautsystem DarsGo im Einsatz. Deshalb braucht jedes Fahrzeug über 3,5 Tonnen eine OBU und muss für DarsGo registriert werden. Alte DARS-Karten und ABC-Mautboxen sind nicht mehr einsetzbar.
Standards mit der Box
Mit der Aufnahme der Geschäftstätigkeit von Toll4Europe GmbH im April 2017 kommt Bewegung in das Projekt eines europaeinheitlichen OBU-Systems. Das Gemeinschaftsunternehmen wird von T-Systems International, Daimler und DKV EURO SERVICE getragen. Sein Ziel: die europaweite Mautabrechnung mit nur einer Box für Lkw ab 3,5 Tonnen. Die Einführung einer entsprechenden Mautbox ist ab 2018 geplant. Zunächst stehen Belgien, Deutschland, Frankreich, Österreich und Polen auf der Agenda. Wenn möglich werden Italien, Portugal, Spanien und Ungarn ebenfalls zum Marktstart angebunden, ansonsten zeitnah danach. Die Roadmap des Unternehmens ist es, dass mittelfristig alle heutigen und künftigen mautpflichtigen Straßen-, Brücken- und Tunnelmauten über nur ein Gerät erfasst werden.