Europas Metropolen machen ernst: Hat der Diesel in den Stadtzentren bald nichts mehr zu suchen?
Norwegen gilt bereits seit langem als Vorreiter in Sachen Luftreinhaltung. Planungen der regierenden liberal-konservativen Regierung, ab 2025 keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren mehr neu zuzulassen, sorgten für Aufsehen im In- und Ausland. Und das blieb nicht die einzige bemerkenswerte Aktion der Nordeuropäer: Anfang 2017 erließ die linke Stadtregierung Oslos unter Bürgermeisterin Marianne Borgen erstmals ein Fahrverbot für dieselgetriebene Privatfahrzeuge. Dieses galt zwar nur zwei Tage und sollte bei einer akuten Smog-Wetterlage helfen, aber die generelle Tendenz unter Europas Großstädten zeigt klar in Richtung Restriktionen, insbesondere für Selbstzünderantriebe.
Niederlande
Auch in Holland liegen Pläne für einen kompletten Zulassungsstopp für alle Verbrennungsmotoren auf dem Tisch. Und in Rotterdam drohen noch straffere Zeitpläne. Die Stadtverwaltung plant, bereits ab 2020 nur noch komplett emissionsfreie Lieferfahrzeuge im Stadtgebiet zu dulden. Nach Angaben des niederländischen Umweltministeriums könnte ein derartiges Verbot für alle anderen Städte des Königreiches bereits fünf Jahre später folgen. Brückentechnologien wie Erdgasantriebe lehnt man dort ab.
Frankreich
In der Hauptstadt des französischen Nachbarn sind Dieselfahrzeuge zur aussterbenden Rasse erklärt worden. Und das, obwohl die Franzosen lange Zeit diese Antriebsart steuerlich besonders gefördert haben. In Paris gilt seit Mitte 2016 ein mehrstufiges Vignettensystem, dass zum einen ein selektives Verbot einzelner Fahrzeugkategorien ermöglicht und zum zweiten alle Fahrzeuge mit einer Zulassung vor 1997 aus der Innenstadt verbannt. Diesel bekommen generell eine schlechtere Plakette als Benziner. Und wer einen Lkw oder Bus aus der Zeit vor 2001 betreibt, muss sich schon länger damit abfinden, tagsüber nicht mehr innerhalb der Stadtgrenzen fahren zu dürfen.
Österreich
Während Wien noch keine Fahrverbote erlassen hat, ist ein Bundesland bereits mit einer umstrittenen Maßnahme vorgeprescht. Tirol hat am 1. November 2016 ein sektorales Fahrverbot für den Schwerlastverkehr auf der Inntalautobahn (A 12) erlassen und zwingt damit vor allem Transitfahrzeuge auf die Schiene oder zu größeren Umwegen. Zwar ist noch nicht abschließend geklärt, ob diese Maßnahme mit EU-Recht vereinbar ist. Aber es wird deutlich, dass die Politik die hohen Feinstaubbelastungen nicht länger hinzunehmen gewillt ist.
Auslaufmodell Dieselantrieb?
Die Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen, ob mit tageweisen Fahrverboten für Kennzeichengruppen in Italien oder mit einer beständigen Anhebung der City-Maut in London. Die öffentliche Debatte dreht sich zumeist um Privat-Pkw, aber nahezu überall sind auch Lieferfahrzeuge für die letzte Meile oder durchfahrende Lkw von den Maßnahmen betroffen. Und auch in Deutschland, wo die Städte bislang alles versucht haben, um ohne Restriktionen auszukommen, machen Gerichte der Politik einen Strich durch die Rechnung. Die durch sie verhängten Auflagen lassen kaum Spielraum für andere Lösungen als Verbote. Insofern ist auch die Transportbranche gut beraten, alternative Antriebskonzepte intensiv anzudenken und voranzutreiben.
Erste Bestrebungen in diese Richtung gibt es bereits. So setzt die Deutsche Post in den deutschen Innenstädten bei der Paketauslieferung inzwischen vielfach auf den selbst entwickelten und produzierten elektrisch angetriebenen Streetscooter. Aber auch Hersteller großer Nutzfahrzeuge entwickeln batteriebetriebene Lkw oder forschen im Bereich Brennstoffzellentechnologie. Eine Übersicht über die verschiedenen Antriebsmöglichkeiten der Zukunft finden Sie im Artikel "Neue Power" hier auf dieser Seite.