Kommentar von Eugen Weinberg, Leiter Rohstoffanalyse der Commerzbank
Diesel tankt man heute EU-weit so günstig wie zuletzt in der Wirtschafts- und Finanzkrise Anfang 2009, in Deutschland sogar noch günstiger. Maßgeblich ist der massive Preisverfall am Rohölmarkt, der einem deutlichen Überangebot geschuldet ist. In einem intensiven Preiskampf versuchen die OPEC-Staaten momentan ihre Marktanteile zu verteidigen, die ihnen insbesondere die US-Ölproduzenten in den letzten Jahren abgerungen hatten.
Die Preise am Dieselmarkt gerieten besonders stark unter Druck, denn die Überversorgung ist hier extrem ausgeprägt: Zunächst drängten die USA mit dem Schieferölboom auf den internationalen Dieselmarkt. 2015 weitete aber auch China seine Dieselexporte kräftig aus, denn neue Raffineriekapazitäten trafen auf eine sich abschwächende Nachfrage. Auch im wichtigsten Dieselmarkt weltweit, der EU, ist die Nachfrage momentan schwach. Das zu Diesel produktgleiche Heizöl ist in einem recht milden Winter wenig gefragt und eine schwache Konjunktur drückt den Dieselbedarf der Logistikbranche.
Doch lange werden die Preise nicht so niedrig bleiben. Zum einen dürfte die für den Rohölmarkt zu erwartende Preiserholung den Dieselpreis anschieben. Schließlich sind in den USA die Bohraktivitäten eingebrochen, was zunehmend die Schieferölproduktion bremsen und so das Überangebot reduzieren wird. Zum anderen dürfte sich die im historischen Vergleich sehr niedrige Marge am Dieselmarkt etwas erholen. Aufgrund des reichlichen Angebots dürfte sie aber deutlich niedriger bleiben als im Durchschnitt der letzten Jahre.