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Die EUDR und ihre Konsequenzen für Unternehmen und Logistik

DHL truck in a forest

Die globalen Wälder sind von unschätzbarem Wert. Sie sind die direkte Lebensgrundlage vieler Menschen und aufgrund ihrer entscheidenden Rolle bei der Klimaregulierung auch die indirekte Lebensgrundlage für uns alle. Mit der EUDR hat die Europäische Union ein umfangreiches Regelwerk zum Schutz der Wälder beschlossen. Die EUDR-Verordnung bringt jedoch umfangreiche Nachweispflichten für viele Unternehmen mit sich.

Was ist die EUDR?

Die Entwaldungsverordnung der Europäischen Union (Regulation on Deforestation-free Products / EU Deforestation Regulation – EUDR) zielt darauf ab, den Konsum von „entwaldungsfreien“ Produkten zu fördern und die Auswirkungen der EU auf weltweite Entwaldung und Waldschädigung zu reduzieren. Konkret geht es darum, zu verhindern, dass Produkte, die von Europäern gekauft, verwendet und konsumiert werden, zur Entwaldung in der EU und weltweit beitragen.

So sollen Wälder als CO2-Speicher und die biologische Vielfalt erhalten sowie Treibhausgasemissionen verringert werden. Die EUDR ersetzt die europäische Holzverordnung (EU Timber Regulation – EUTR) und erweitert deren Geltungsbereich um Nachhaltigkeitsaspekte. Für in der EU tätige Unternehmen bedeutet das: Sie sind verpflichtet zur Einhaltung strenger Vorschriften, um sicherzustellen, dass ihre Produkte nichts mit Abholzung zu tun haben.

Starttermine der EUDR

EUDR – ab wann gilt sie?

Die EUDR wurde am 31. Mai 2023 verabschiedet und ist am 29. Juni 2023 in Kraft getreten. Ursprünglich war die stufenweise faktische Implementierung ab Dezember 2024 geplant. Um den Unternehmen genügend Vorlaufzeit für die Einrichtung von Überwachungssystemen für ihre Lieferketten zu geben, die Transparenz zu erhöhen und die Rückverfolgbarkeit ihrer Produkte sicherzustellen, hatte die EU den Beginn der stufenweisen Einführung zunächst auf den 30. Dezember 2025 verschoben. Im November 2025 kam es zu einer erneuten EUDR-Verschiebung, die den Unternehmen ein weiteres Vorbereitungsjahr einräumt. Die aktuellen Termine für die Einführung:

  • Ab dem 30. Dezember 2026 gilt die EUDR für große Unternehmen (≥ 250 Beschäftigte) und mittlere Unternehmen (50 bis 249 Beschäftigte).
  • Ab dem 30. Juni 2027 gilt die EUDR auch für Kleinunternehmen (10 bis 49 Beschäftigte) und Kleinstunternehmen (< 10 Beschäftigte).

Ab dem jeweiligen Zeitpunkt müssen in der EU tätige oder mit der EU handelnde Unternehmen gewährleisten, dass ihre Produkte die in der Verordnung festgelegten Nachhaltigkeitskriterien erfüllen.

Was die EUDR-Verordnung bewirken soll

Hauptursache der Entwaldung ist die Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutzfläche für Weideflächen und die Produktion von Rohstoffen wie Kaffee, Kakao, Soja, Palmöl, Kautschuk oder Holz sowie von Folgeprodukten wie Leder, Lebensmitteln, Reifen oder Möbeln. Als bedeutende Volkswirtschaft und Konsument dieser mit Entwaldung und Waldschädigung verbundenen Rohstoffe trägt die EU eine Mitverantwortung für dieses Problem und will eine Vorreiterrolle bei dessen Lösung einnehmen.

Die EU verfolgt mit der EUDR folgende Ziele:

  • Entwaldung und Waldschädigung sollen eingedämmt werden, indem Produkte, die in der EU gehandelt und konsumiert werden, nicht dazu beitragen.
  • Treibhausgasemissionen sollen durch die Förderung des Verbrauchs von Produkten, die weder direkt noch indirekt mit Abholzung in Verbindung stehen, gesenkt werden.
  • Lieferketten sollen transparenter und nachhaltiger werden, indem Unternehmen sicherstellen, dass Rohstoffe legal und nachhaltig produziert werden.
  • Ökologisch wertvolle Primärwälder, also Wälder ohne menschlichen Einfluss, sollen geschützt werden.
  • Menschenrechte von indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften, die von Entwaldung betroffen sind, sollen geschützt werden.

Was die EUDR für Unternehmen bedeutet

Gemäß der EUDR muss jedes Unternehmen, das Produkte in der EU in Verkehr bringt, handelt oder von dort exportiert, nachweisen, dass diese nicht von kürzlich abgeholzten Flächen stammen und auch nicht zur Waldschädigung beigetragen haben. Das heißt, die Produkte müssen „entwaldungsfrei“ sein.

Für bestimmte Rohstoffe und Produktgruppen, die mit Entwaldung in Verbindung stehen können, sind deshalb umfassende Nachweispflichten erforderlich. Solche Produkte dürfen innerhalb der EU nur in den Verkehr gebracht werden, wenn eine Sorgfaltserklärung vorliegt, die bestätigt, dass sie den Vorgaben der EUDR entsprechen.

Unternehmen, die Erzeugnisse erstmals in der EU in Umlauf bringen, sind verantwortlich für

  • die Risikoabwägung und Einhaltung der Sorgfaltspflichten
  • die Einreichung der Sorgfaltspflichterklärungen sowie
  • die Generierung und Weitergabe der Referenznummer.

Nachgelagerte Marktteilnehmer und Händler, die bereits in die EU eingeführte Produkte weitervertreiben, unterliegen keiner eigenen Sorgfaltspflicht, da die erforderlichen Sorgfaltserklärungen für ihre Produkte bereits von den ersteinführenden Marktteilnehmern erbracht worden sind. Außerdem ist neben dem Ersteinführer nur der erste nachgelagerte Marktteilnehmer zur Weitergabe der ursprünglichen Referenznummer verpflichtet. Eine Sammlung von Referenznummern entlang der gesamten EU-Lieferkette ist nicht erforderlich.

Was für die Sorgfaltserklärung konkret verlangt wird

Im Kern geht es um die Erfüllung von drei Aufgaben:

  • Zunächst müssen Unternehmen Informationen sammeln und dokumentieren. Hierzu zählen Geokoordinaten sowie Dokumente zur Herkunft von Rohstoffen oder Produkten, zum Produktionszeitpunkt und zur Menge der Produkte. Wichtig ist hierbei das sogenannte Cut-Off-Datum, der 31. Dezember 2020. Produkte dürfen nicht von Flächen stammen, die nach diesem Datum gerodet wurden.
  • Der nächste Schritt ist eine Risikobewertung anhand festgelegter Kriterien. Mithilfe dieser Bewertung wird eingeschätzt, ob ein Produkt den EUDR-Kriterien entspricht und wie hoch die Wahrscheinlichkeit von Risiken im Zusammenhang mit Entwaldung ist. In der Sorgfaltserklärung muss dokumentiert werden, wie und mit welchen Kriterien die gesammelten Informationen auf Risiken geprüft wurden.
  • Wenn Risiken identifiziert werden, müssen Unternehmen geeignete Maßnahmen zur Risikominderung ergreifen, um die Einhaltung der Verordnung sicherzustellen. Mögliche Maßnahmen sind zusätzliche Kontrollen bei Lieferanten oder die Umstellung auf risikoärmere Quellen.

Die Sorgfaltserklärungen werden über das zentrale EU-Informationssystem Deforestation Due Diligence Statement Registry eingereicht. Die Zuständigkeit für die Umsetzung und Durchführung der EUDR-Verordnung liegt bei nationalen Behörden. In Deutschland fällt diese Aufgabe beispielsweise in den Zuständigkeitsbereich der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Die Nichteinhaltung der EUDR-Vorschriften kann Sanktionen nach sich ziehen. Dazu zählen Geldbußen und die Beschlagnahmung nonkonformer Waren.

Vereinfachte Verfahren für Länder ohne Entwaldungsprobleme und Kleinunternehmen

Die Anforderungen der EUDR sind für Unternehmen sehr komplex. Beispielsweise stuft die EUDR Länder in einem Benchmarking-System in verschiedene Kategorien im Hinblick auf das Entwaldungsrisiko ein. Je nach Risikostufe müssen Unternehmen entsprechende Sorgfaltspflichten erfüllen. Für Hochrisikogebiete ist eine umfassende Risikobewertung erforderlich.

Bei Produkten aus Ländern mit geringem Risiko genügen vereinfachte Verfahren, bei denen nur grundlegende Informationen gesammelt und eingereicht werden. Primärerzeuger aus Ländern ohne Entwaldungsprobleme müssen einmalig eine vereinfachte Sorgfaltserklärung abgeben, in der statt der Geodaten der Betriebsflächen lediglich die Betriebsadresse des Erzeugers angegeben ist. Die Erntemengen müssen nur geschätzt werden.

Kleinst- und Kleinunternehmen haben grundsätzlich die Möglichkeit, eine einmalige vereinfachte Erklärung abzugeben. Diese Regelung kann auch auf Unternehmen angewendet werden, die den Schwellenwert für kleine Unternehmen zwar überschreiten, aber nur mit einem Teil ihres Unternehmens EUDR-relevante Produkte in Verkehr bringen.

Die Logistik ist indirekt, aber erheblich von der EUDR betroffen

Die EUDR betrifft in erster Linie Marktteilnehmer und Händler. Als Markteilnehmer gelten vor allem Primärerzeuger, Importeure und Exporteure. Weil aber die gesamte Lieferkette transparenter und rückverfolgbar werden soll, sind auch logistische Dienstleistungen von der Verordnung betroffen.

In einer Hinsicht gibt es jedoch ein Entlastungszeichen für Logistikdienstleister: Die Standardpaletten der European Pallet Association e. V. (EPAL) sind ein unverzichtbares Schmiermittel für eine funktionsfähige Logistik. Diese Paletten sind bekanntermaßen aus Holz. Insofern ist es eine gute Nachricht, dass mit Waren beladene Paletten von der EUDR ausgenommen sind. Es müssen also keine Informationen zur EUDR-Konformität der verwendeten EPAL-Paletten eingeholt und mitgeteilt werden. Auch gebrauchte Paletten unterliegen nicht der EUDR, so dass sich beim Palettentausch und Leerpaletten-Management nichts ändert. Somit fallen nur fabrikneue Paletten unter die Bestimmungen der EUDR.

Die EUDR – wertvolles Ziel und große Herausforderung

Laut der Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) gehen bis zu 90 Prozent der globalen Entwaldung auf Rodungen für die Landwirtschaft zurück. Die weltweiten Waldbestände sind für den Artenschutz, die Artenvielfalt, den Klimaschutz und eine lebenswerte Welt unverzichtbar. Die Ziele, die die EU-Kommission mit der EUDR verfolgt, dürften deshalb von jedem Unternehmen sofort unterschrieben werden.

Gleichzeitig türmen sich Fragen auf: Was muss ich konkret nachweisen? Was passiert, wenn ein Fehler unterläuft? Das sind nur zwei Fragen von vielen. Zwar hat die EU-Kommission einen Leitfaden und FAQ veröffentlicht, um Unternehmen zu unterstützen und häufig gestellte Fragen zu klären. Doch das ändert nichts daran, dass der Verwaltungsaufwand, der auf die Unternehmen zukommt, immens ist.

Als Pioniere der grünen Logistik wissen wir bei DHL und DHL Freight genau, wie anspruchsvoll es ist, Lieferketten so nachhaltig wie möglich zu gestalten. Außerdem bindet Compliance Ressourcen, die dann woanders fehlen können. Es kann hilfreich sein, sich in Fragen rund um die EUDR kompetent beraten zu lassen, damit klar ist, welche Waren unter die Verordnung fallen und wie sie EUDR-konform eingestuft werden. Wir von DHL Freight unterstützen Sie bei der Umsetzung der EUDR-Anforderungen und bei allen weiteren Fragen zum grenzüberschreitenden Handel. Kontaktieren Sie uns gerne.

Redakteur/in:

Patrick Möller

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