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„Ich habe das Gefühl, ich kann etwas bewegen“

Als Vertrauensperson ist Gisela Grell, IT Senior Specialist bei DHL Freight, Ansprechpartnerin für alle schwerbehinderten und gleichgestellten Mitarbeitenden bei DHL Freight. Zum internationalen Tag der Menschen mit Behinderung gibt sie uns Einblicke in ihr Ehrenamt.

Wie bist du zu deiner ehrenamtlichen Tätigkeit gekommen?

Vor ungefähr neun Jahren standen in der Hauptverwaltung von DHL Freight die Wahlen für die Schwerbehindertenvertretung (SBV) an. Da ich bereits Mitglied im Betriebsrat war und als MS-Patientin selbst schwerbehindert bin, habe ich mich als Kandidatin aufstellen lassen. Der damalige Gesamt-Schwerbehindertenvertreter Franz Ellinger war sehr charismatisch und hat mich ein bisschen „angeschoben“.

Wofür ist die Schwerbehindertenvertretung da?

Im Prinzip ist es mein Job, die Fahne hochzuhalten, damit die Schwerbehinderten bei Entscheidungen nicht vergessen werden. Jede Schwerbehindertenvertretung kümmert sich um die Anliegen der Schwerbehinderten am jeweiligen Freight-Standort. Das kann zum Beispiel die Installation von Türen sein, die sich automatisch öffnen, oder die Beseitigung von Stolperfallen.

Die Gesamtschwerbehindertenvertretung (GSBV) hingegen ist für die Dinge zuständig, die das gesamte Unternehmen betreffen. Man kann übrigens auch in der Schwerbehindertenvertretung aktiv sein, wenn man selbst nicht schwerbehindert ist.

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Wusstest du, dass fast jeder zehnte Mensch in Deutschland eine schwere Behinderung hat? Von den insgesamt 7,9 Millionen schwerbehinderten Menschen sind etwa 3,4 Millionen Menschen unter 65 Jahre alt.

Wie vereinbarst du dein Ehrenamt mit deiner Haupttätigkeit bei DHL Freight?

Damit mein Chef weiß, wie stark ich gerade durch meine SBV-Tätigkeit eingebunden bin, führe ich eine monatliche Liste mit den Aufgaben, die anstehen. Aber es gibt viele Dinge, die sich nicht im Voraus planen lassen, zum Beispiel spontane Anrufe von Kolleginnen oder Kollegen. Häufig geht es diesen nur darum, sich ein simples „OK“ einzuholen, aber es gibt auch Tage, an denen kommt ein Anruf nach dem anderen und es geht um komplexe Sachverhalte.

Was reizt dich an der Tätigkeit?

Als Gesamtschwerbehindertenvertretung arbeite ich mit den 14 Schwerbehindertenvertretungen in der Fläche eng zusammen. Das macht mir sehr viel Spaß. Die anderen Vertretungen fragen mich oft um Rat, und der regelmäßige Austausch ist hilfreich und produktiv. Es ist ein schönes Gefühl, sich gegenseitig unterstützen zu können. Ich habe wirklich das Gefühl, ich kann etwas bewegen.

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Der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung soll jedes Jahr am 3. Dezember weltweit das Bewusstsein für die Belange der Menschen mit Behinderungen schärfen und den Einsatz für ihre Würde und Rechte fördern. Dieses Jahr steht der Tag unter dem Motto „Führung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen hin zu einer inklusiven, barrierefreien und nachhaltigen Welt nach COVID-19.“

Was ist dir aus neun Jahren Arbeit für die Schwerbehindertenvertretung besonders in Erinnerung geblieben?

2020 wurde ein Kollege, der im Head Office von DHL Freight in Bonn tätig ist, durch ein Aneurysma (Hirnblutung und Schlaganfall) von einem Moment auf den nächsten aus seinem Leben gerissen. Zusammen mit dem Integrationsfachdienst konnte ich sehr viel für ihn erreichen und seinen Arbeitsplatz erhalten.

Welche Bedeutung kommt schwerbehinderten Menschen im Arbeitsalltag zu?

Leider eine sehr geringe. Aber die Schwerbehindertenvertretungen können hier etwas bewirken, indem sie den Fokus auf schwerbehinderte Arbeitskräfte lenken. Das tun wir in Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen wie dem Integrationsamt, dem Integrationsfachdienst oder der Agentur für Arbeit. Gerade jetzt, in Zeiten des Fachkräftemangels, können wir den Arbeitgeber durch die Akquirierung von schwerbehinderten Menschen unterstützen.

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Ab einer Größe von 20 Mitarbeitenden müssen Unternehmen mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzen. Erfüllt ein Unternehmen diese Quote nicht, werden monatliche Ausgleichszahlungen an das zuständige Integrationsamt fällig.

Wie kann schwerbehinderten Menschen mehr Teilhabe ermöglicht werden?

Indem man immer wieder darauf aufmerksam macht, dass die meisten Schwerbehinderten einen tollen Job machen, selten krank sind und sich sehr engagieren, wenn man ihnen eine Chance gibt. Jede und jeder Schwerbehinderte, der aus einer Behindertenwerkstatt in den ersten Arbeitsmarkt übernommen werden kann, ist ein Gewinn für beide Seiten – den behinderten Menschen selbst und den Arbeitgeber!

Inwiefern?

Wenn zum Beispiel eine hörgeschädigte Kollegin in einem Lager tätig ist, dann dauert es nicht lange, bis die übrigen Kolleginnen und Kollegen entsprechend sensibilisiert sind. Indem sich alle aufmerksam und rücksichtsvoll verhalten, verbessert sich das Arbeitsklima insgesamt. Und wer in einem guten Arbeitsklima tätig ist, erzielt für gewöhnlich auch bessere Ergebnisse.

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