
Caroline Saastamoinen steuert ihren 24-Meter-Truck sicher durch die skandinavische Winterlandschaft. Wir haben sie einen Tag lang begleitet.
Minus sieben Grad, sieben Uhr morgens in Sundsvall in Schweden – rund 370 Kilometer nördlich der Hauptstadt Stockholm. Es ist eisig, die Landschaft weiß vor Schnee, die Sonne scheint und Caroline Saastamoinen ist schon gut gelaunt im Terminal von DHL Freight unterwegs. Auf dem Hof wartet ihr 24 Meter langes Gefährt für den heutigen Tag. Gelb und rot, frostig glitzernd steht dort ihr DHL-Biogas-Truck.
Carro – wie sie die Kollegen nennen – arbeitet seit zehn Jahren als Lkw-Fahrerin und seit zwei Jahren für DHL Freight. Heute stehen verschiedene Abholungen an. Im Terminal in Sundsvall arbeiten 30 Fahrerinnen und Fahrer. 32 Lkws sind im Einsatz, fahren Richtung Norden und Süden weiter oder nehmen Fracht aus anderen Teilen des langgezogenen Landes entgegen, die in der Region verteilt wird.

Bereit für die Abfahrt?
Bevor es aber losgeht, checkt Saastamoinen akribisch ihren Truck. Sie prüft den Reifendruck, klopft mit einem Hammer auf die vielen Pneus. „Wenn zu wenig Luft drin ist, dann hört sich der Ton dumpfer an“, erklärt sie. Ölstand, Scheibenwischerflüssigkeit, die Anhängerkupplung, Bremse des Trailers und die Griffe der Türen – alles ist in Ordnung. Das tut sie zwar jeden Tag, aber im skandinavischen Winter mit Temperaturen oft im zweistelligen Minusbereich, Glätte und Schnee ist es sogar noch wichtiger. Auch für die Fahrzeuge sind die Bedingungen fordernd.
Ist alles klar, schwingt sie sich die vier Stufen hoch in ihren Lkw. Von hier oben hat sie einen guten Überblick. Verschiedene Spiegel an jeder Seite sollen sicherstellen, dass sie alles sieht, auch dass, was weiter unten ist. Bevor sie den Motor startet, schiebt sie ihre Fahrerkarte in ein Gerät, das ihre Fahr- und Pausenzeiten aufzeichnet und muss einen Alkoholtest machen.
Und dann: Schlüssel ins Zündschloss und los geht’s. Majestätisch rollt der riesige Truck vom Hof in Richtung des ersten Kunden. Heute muss sie aufpassen; die Straßen sind teilweise vereist. „Ich fahre immer vorsichtig. Mit diesem riesigen Lkw fühle ich mich verantwortlich dafür, dass nichts passiert. Mir nicht, der Ladung nicht, aber vor allem den anderen Verkehrsteilnehmern nicht“, sagt sie.

Auf zum Kunden
Ihre Kunden sind immer in der Nähe von Sundsvall. Lange Strecken in den Norden oder Süden fährt sie nicht. „Das ist super, denn so kann ich meinen zweijährigen Sohn in die Kita bringen und bin nachmittags wieder zuhause.“ Bis zum Mutterschutz hat sie damals gearbeitet und ist sogar mit dickem Bauch hinters Lenkrad hochgeklettert.
Als erste Adresse steht der Palettenhersteller TomPall auf dem Plan. Sie parkt den Truck auf dem Hof, springt aus dem Lkw und öffnet die Türen des Fahrzeugs und die des Trailers. Der Gabelstaplerfahrer kreist auf dem Hof und lädt mit seinem Gabelstapler die Paletten millimetergenau ein. Carro wartet trotz der Kälte geduldig, bis er fertig ist: „Ich bin immer dabei, wenn die Kunden ihre Fracht einladen. Falls sie Hilfe brauchen und um zu schauen, dass alles in Ordnung ist.“
Sicher steuert sie den langen Truck danach weiter durch die schwedische Winterlandschaft. Beim zweiten Kunden gibt es heute eine besondere Fracht: ein fahrbarer Heizanhänger des Geräteverleihers Rental. Dieses Mal hat sie mehr zu tun. Sie steigt in den Trailer, um den Anhänger mit Spanngurten zu befestigen. Und sie fragt Dan Bergkvist von Rental, wie sie den Anhänger am besten wieder auslädt, ohne ihn zu beschädigen.
Die Truckerin denkt immer einen Schritt voraus. Das bestätigt auch Bergkvist: „Carro ist immer freundlich und vor allem flexibel. Manchmal vergessen wir etwas. Dann rufen wir einfach an, und wenn sie oder auch ein anderer Fahrer in der Nähe sind und noch Platz haben, kommen sie vorbei. Das ist super.“

Traumjob
Genau das liebt die junge Frau an ihrem Job. „Mir gefällt, dass ich so viele verschiedene Leute treffe, neue Dinge sehe, dass ich viel draußen bin und auch die Freiheit, unterwegs zu sein.“ Und sie ergänzt: „Es ist schön, wenn einen die Kunden gut kennen und auch vermissen, wenn man mal nicht kommt. Wir Fahrerinnen und Fahrer sind halt DHL für sie.“
In vielen Ländern ist eine weibliche Lkw-Fahrerin etwas Besonderes. Der Job ist noch immer hauptsächlich eine Männerdomäne. In Schweden ist es mittlerweile nicht mehr so ungewöhnlich – in Sundsvall sind einige der insgesamt 30 Fahrer:innen Frauen. Für Caroline Saastamoinen ist es ohnehin ganz normal. Sie berichtet aber, dass es ihr gelegentlich längst überholte Rollenklischees begegnen. „Ab und an bekomme ich Komplimente von Kunden, dass ich toll mit meinem Lkw wenden kann. Warum? Sagen sie das auch einem Mann? Ich kann alles tun, was ich will – unabhängig von meinem Geschlecht. Und deswegen will ich auch nicht anders behandelt werden.“





Zusammenhalt mit den Kolleg:innen
Nachdem Carro alle Sendungen abgeholt hat, fährt sie zurück zum Terminal. Die anderen Kolleginnen und Kollegen sind noch unterwegs. „Wir laden immer alles aus und schauen dann gemeinsam auf dem Hof, welche Ladung in welchen Truck muss, um weitertransportiert zu werden.“ Der Zusammenhalt unter den Fahrer:innen ist groß. „Ich habe wirklich super Kolleginnen und Kollegen. Wenn ein Tag mal nicht so gut war, dann ist das mit ihnen besser zu ertragen. Sie sind meine Freunde.“
Saastamoinen ermutigt auch andere Mädchen und Frauen, das zu tun, was sie wollen. „Ich hatte eine Praktikantin und habe sie richtig mitarbeiten lassen, so dass sie einen Eindruck von meinem Job hat. Später ist sie dann auch Fahrerin geworden. Das hat mich richtig gefreut.“
DHL Åkeri
Tochterfirma von DHL Freight in Schweden, bei der alle Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer angestellt sind. Sie übernehmen die Non Terminal Based (NTBO)-Transporte in ganz Schweden.
- 100 Lkws
- 210 Fahrer:innen
- 10 Büros
Fotos: Rania Rönntoft