Immer mehr Lkw-Hersteller setzen auf Elektromotoren. Etablierte Marken und Newcomer liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Spätestens seit dem Dieselskandal sind alternative Antriebe ein großes Thema – auch im Bereich Nutzfahrzeuge. Neben Erdgastechnologien und Wasserstoffantrieben rücken reine Elektrofahrzeuge jetzt stärker in den Fokus. Die Hersteller arbeiten mit Hochdruck an Technik und Wirtschaftlichkeit der Lösungen.
Daimler hat hier gleich mehrere Eisen im Feuer. Der FUSO eCanter ist das vollelektrische Leichtgewicht des Unternehmens. Seit Juli 2017 wird der 7,5-Tonner in Portugal und Japan in Kleinserie produziert. Für 2019 plant Daimler den großen Rollout. DHL Freight hat Mitte Dezember zwei Fahrzeuge übernommen und testet diese nun 24 Monate lang in Berlin und Umgebung. Im Fokus: die Innenstadtbelieferung von Geschäfts- und Privatkunden (mehr dazu lesen Sie hier).
Der größere Bruder des eCanter hat ein zulässiges Gesamtgewicht von 23 Tonnen. Ab 2021 soll der E-Fuso Vision One in Japan, Europa und den USA in Serie gehen.
Dritter im Bunde ist der eActros. Der 26-Tonner befindet sich derzeit in Deutschland und der Schweiz im Livetest. Zehn Kunden nutzen die Fahrzeuge zwölf Monate lang im Realbetrieb, dann gehen die Lkw für ein weiteres Jahr an eine zweite Gruppe Kunden. Das Ziel: die Serienreife bis 2021.
Hingucker und Kraftpakete
Das US-Unternehmen Tesla hat mit dem Semi bereits große mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Der Truck kann rund 36 Tonnen Güter – das Maximum für Sattelschlepper in den USA – bis zu 800 Kilometer weit transportieren. DHL Supply Chain hat die E-Trucks gerade für den Shuttle-Betrieb und für Kundenlieferungen in amerikanischen Großstädten bestellt. Die Auslieferung soll 2020 erfolgen.
Der MAN eTruck ist die logische Weiterentwicklung des Hybridfahrzeugs MAN Metropolis. 2016 präsentierte das Unternehmen seine erste vollelektrisch angetriebene Sattelzugmaschine, die sich zum Beispiel für Einsätze in der innerstädtischen Nachtbelieferung eignet. Es folgten weitere E-Konzeptfahrzeuge in den Gewichtsklassen 18 bis 26 Tonnen. 2018 geht der MAN eTruck bei neun Partnerunternehmen in den Praxistest.
Volvo Trucks hat im Mai 2018 auf der IFAT, der Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft, erstmals einen E-Lkw für den Regional- und Stadtverkehr vorgestellt. Er soll in Europa voraussichtlich ab 2019 auf den Markt kommen.
Auch Renault Trucks plant, 2019 mit der Serienproduktion rein elektrisch betriebener Nutzfahrzeuge zu starten. In den vergangenen neun Jahren hat das Unternehmen mehrere Versuchsfahrzeuge und Prototypen in der Gewichtsklasse zwischen neun und zwölf Tonnen unter realen Einsatzbedingungen getestet und daraus wichtige Erkenntnisse über die für E-Lkw nötige Batterietechnik, Ladeinfrastruktur, den Service und die Wartung gewonnen.
Newcomer mit Potenzial
Das US-Start-up Thor Trucks kommt mit dem ET1 daher. Der Sattelschlepper transportiert rund 36 Tonnen Güter bei einer Reichweite von etwa 480 Kilometern. Ein Verkauf ist ebenfalls ab 2019 geplant.
Der Schweizer Umrüster E-Force One testet derzeit zusammen mit einem Kunden seinen ersten schweren Elektro-Lkw, den 44-Tonner E44, auf Basis des Iveco Stralis. Dieser soll Reichweiten von 200 bis 300 Kilometern erzielen. Die ersten Zwischenergebnisse des für ein Jahr konzipierten Praxistests seien vielversprechend, teilte das Unternehmen mit.
Entscheidung offen
Wie schnell sich reine Elektroantriebe bei mittelschweren und schweren Lkw durchsetzen können und welcher Hersteller im Wettlauf um Wirtschaftlichkeit die Nase vorn haben wird, ist noch offen. Klar ist schon jetzt: Es bleibt spannend.